§. 88. Politische Geographie.
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mit ins Stadtgebiet gezogen wurden. Es sind, von Norden angefangen,
der Pincius, Viminalis, Esquilinus, Caelius und Aventinus.
Auf dem rechten Ufer liegt der Ja ni culus, mit 300 Fuß die höchste der
Erhebungen in nächster Nähe Roms, und der Vaticanus, von denen nur
ein Theil des ersteren in die Befestigungslinie des alten Rom aufgenommen
war. Diese Hügel bestehen größtentheils aus vulkanischem Tuff, der einst
aus dem Krater des Sees von Bracciano ausgeworfen, sich zu einer Zeit, als
die Campagna noch ein Meerbusen war, in Schichten über dem thonigen Meeres¬
boden ablagerte und später durch Erosion größtentheils wieder fortgeschafft ist.
Wo das Gefüge dieses Tuffs etwas fester ist, da erscheinen felsige Abhänge
z. B. der Tarpejische Fels an der Westseite des Capitolinus. Diese Tuffe liefern
einen guten Baustein und wurden in unterirdischen Steinbrüchen, den sog.
Katakomben, gewonnen, welche später den erste» Christen als Zufluchtsstätten
und Capellen dienten. Außerdem finden sich in nächster Nähe von Rom bedeutende
Ablagerungen von Travertin (Kalktuff), mit welchem die kalksiihrenden Flüsse
des Apennin die alten Seen der Campagna ausgefüllt haben, und der sich
z. Thl. noch jetzt bildet (Tivoli). Dieser leicht zu bearbeitende Stein diente
besonders zu den Oberbauten und nährte, im Gegensatz zu dem härteren grie¬
chischen Marmor, die Richtung der römischen Architektur aufs gewaltige, massen¬
hafte, wovon noch jetzt das Colosseum (Amphitheater Vespastans), östlich vom
Palatinus, und das Mausoleum Hadrians (jetzt die Engelsburg), in der Ebene
des Vaticanus am rechten Tibcruser, zeugen. Die Ebene zwischen den Hügeln,
häufigen Ueberschwemmungen ausgesetzt und im frühesten Alterthume theilweise
versumpft (Velabrum am Fuße des Capitolinus) wurde erst später bebaut. —
Das heutige Rom ist auf dem linken Tiberufer auf das Dreieck zwischen Tiber,
Quirinalis und Palatinus beschränkt. Hier führt von der Porta del Popolo
am Pincius, und der mit einem Obelisk geschmückten Piazza del Popolo der
Corso, der Schauplatz des römischen Carnevals, als längste Straße Roms bis
zum Capitol. Alles aber, was östlich vom Palatinus liegt, ist ein weites
Trümmerfeld, jetzt mit Weingärten bedeckt, geschmückt durch die großartigen
Reste der auf Bogen geführten Wasserleitungen und der Thermen, mit denen
die Kaiser das Volk beschenkt haben. Am äußersten Ende der alten Stadt, auf
dem Caelius, liegt einsam der Lateran, Palast und Pfarrkirche des Pabstes,
an der Stelle, wo die erste christliche öffentliche Kirche in Rom geweiht war.
Bor dem Lateran der größte aller römischen Obelisken aus Heliopolis. — Am
rechten Tibcrufcr hat sich das neue Rom weiter ausgedehnt als die alte Stadt,
so daß das Vaticanische Feld, der Vaticanus und der größte Theil des Jani-
culus bebaut sind. Hier erhebt sich nach nicht unwahrscheinlicher Annahme
über dem Grabe des heiligen Petrus die Petruskirche. Die alte Kirche, von
Konstantin und Helena erbaut, Zeugin so vieler Kaiserkrönungen, wurde im
15. Jahrhundet abgetragen, und an ihrer Stelle seit 1506 der neue Riesenbau,
mit der Kuppel des Michel Angelo 481 Fuß hoch, erbaut. Der Platz vor ihr
ist eine mit vierfacher Säulenreihe eingefaßte Ellipse und mit einem Obelisk
und zwei Springbrunnen geschmückt. Dicht daneben der Vaticanische Palast
mit Archiv, Bibliothek, Kunstsammlungen und der Sixtinischen Capelle. So
enthält das heutige Rom Bauwerke aus allen Epochen, Kirchen, die aus alt¬
römischen Tempeln umgebaut sind (das Pantheon, von Agrippa erbaut), bis
zu den Schöpfungen der Gegenwart hin, und keine Stadt der Welt spricht so
wie Rom zu dem geschichtlichen Sinne des Beobachters. Einen ebenso großen
Reiz gewährt „die ewige Roma" durch die Fülle der hier angehäuften Kunst¬
schätze. Was die Römer aus Griechenland raubten, was sie selbst nachahmend
geschaffen habe», das hat der Trümmerschutt zum großen Theile zurückgeben
müssen. Manches, z, B. die Reiterstatue Marc Aurels am Fuße des Capitols,
hat sich unversehrt aus dem Alterthume erhalten. Dazu kommen die Kunst-