§. 103. Bevölkerungsverhältnisse.
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Norwegens größtem Sec, und erhält, wo er diesen verläßt, den Namen
Vormen. Gleicher Mangel an einer entwickelten Wasserscheide zeigt
sich noch bei mchrern anderen Seen der Hochebene. Die Flüsse der
Süd- und besonders der Westküste Norwegens sind unbedeutend.
Bevölkerungsverhältniffe. Den ältesten Theil der Bevöl- §.103.
kerung der Halbinsel bilden die Lappen (Finnerne), welche von
Finnland her über den Isthmus in das Land eingedrungen sind und
sich soweit in demselben verbreitet haben, als das Renthier im Lande
vorkam, Sie nahmen also nur den Norden des Landes und im Süden
die Fjelder ein, denn in die dichten Fichtenurwälder, welche einst in
ununterbrochenem Zusammenhange die Thäler und Ebenen des Landes
bedeckten, steigen jene Thiere nicht hinab. Nirgends findet man daher
in ihnen Spuren früheren Bewohntseins durch die Lappen. Daneben
ist es möglich, daß über die Jnselbrücke der Alandsinseln und
über die Enge der Quarten etwas höher civilisierte, ackerbautreibende
Finnenstämme nach Schweden übergesiedelt waren. Zu diesen
kam nun eine germanische Einwanderung, welche theils über Däne¬
mark, theils direkt über die Ostsee stattgefunden hat. Aus dem
ersten Wege scheint Odin mit den Äsen eingewandert zu sein; auf
letzterem Gothenstämme, welche der Insel und dem Lande südlich
vom Wencrn ihren Namen gegeben haben. Unter heftigen Kämpfen
mit den Ureinwohnern (Hrimthussar, Risar, Tröll, Jötnar,
Dvergär, Kvenar u. s. w.) breiteten sich die germanischen Einwohner
vom südlichen Schweden längs der Ost- und Westküste des Landes nord¬
wärts, gleicherweise aber auch ins innere desselben aus. Diese Wan¬
derung hat selbst in der Gegenwart noch nicht ihren Abschluß erreicht,
denn noch beständig rücken, besonders in Schweden, germanische Ansiedler
gegen die Gebiete der Lappen vor, unter Verhältnissen, die ganz an die
der nordamerikanischen Hinterwäldler erinnern.
Kraftvoll entwickelten sich die eingewandcrten Germanen im Lande,
dessen rauhes Klima die Körper stählte, und wo Jagd und Seefahrt den
Hang nach Abenteuern und tollkühnen Muth weckten. Hier hielt sich
zugleich am längsten germanisches Heidenthum und die alte (alliterierende)
Form der germanischen Volkspoesie. Erst unter schweren Kämpfen
brach das Christenthum sich im Lande Bahn, indem an seine Einfüh¬
rung sich politischer Hader knüpfte. Während früher nämlich die
Halbinsel in eine große Zahl einzelner Herrschaften unter kleinen Stammes¬
königen zerfiel, suchten gegen das Jahr 1000 einzelne derselben eine Ge-
sammthcrrschaft herzustellen und diese vertraten dann die Sache des
Christenthums, während die kleineren Stammhäuptlinge an den nationa¬
len Göttern festhielten. In Schweden, wo schon Ansgar (829 und
855) das Christenthum gepredigt hatte, gewann dasselbe den Sieg
durch König Inges Zerstörung des Odintcmpels zu (Alt-) Upsala.
In Norwegen begann Harald Schönhaar (Ans. des 10tcn Jahrhunderts)
die Christianisierung, aber erst Olav Trygveson und Olav der
Heilige (f 1033) führten sie zu Ende. Nun traten mildere Sitten