Full text: Lehrbuch der Geographie für die mittleren und oberen Klassen höherer Bildungsanstalten sowie zum Selbststudium

§. 6. Der Gegensatz von Land und Wasser. 
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aus dem Innern der Continente hervortretenden Ströme in ihren Mün¬ 
dungsgebieten von oben her mitgeführte Erdmassen ablagern und dadurch 
das Areal des Landes vermehren, — AVyimtos Stooov Toi iroraixoi, 
der Ganges führt jährlich 6000 Mill. Cubikfuß Schlamm mit sich fort 
— sinken auch manche Landstrecken in die Tiefe und werden dadurch 
kleiner, während andere sich erheben und dadurch ihre Oberfläche ver¬ 
mehren. Diese Bewegungen können entweder säculare d. h. nur im 
Laufe vieler Jahre zu merkende sein, oder ruckweise eintreten. Solche 
säculare Erhebung zeigt die Scandinavische Hqlbinscl, während die Süd- 
und Westküste Grönlands, so wie Dalmatien sich senken. Plötzliche Hebungen 
zeigen sich an der Küste Chiles fast bei jedem bedeutenderen Erdbeben. 
In weit größerem Maßstabe fanden solche Veränderungen in 
früheren Erdperioden statt. Das führt auf eine Betrachtung der Ent¬ 
stehung unsers Erdkörpers, mit welcher Frage sich eigentlich die Geo¬ 
logie beschäftigt. Sie lehrt, daß die Erde einst heißflüssig gewesen ist 
und noch jetzt einen flüssigen Kern besitzt, der von einer dünnen Kruste 
bedeckt ist. Alles Wasser, welches jetzt tropfbarflüssig vorhanden ist, war 
anfänglich nur als Wassergas in der Atmosphäre vorhanden, schlug sich 
aber bei fortdauernder Erkaltung der Erde (durch Wärmeausstrahlung 
gegen den Himmelsraum) später tropfbarflüssig auf derselben nieder und 
bildete das Meer. Dies wirkte aus die Erdkruste zerstörend ein, und so, 
bildeten sich die ersten geschichteten Massen. Der von der stets dicker wer¬ 
denden Kruste zusammengepreßte Erdkern zerriß die Schale, zähflüssige 
Massen drangen aus langen Spalten hervor, hoben die geschichteten 
Massen an ihren Rändern hoch empor und erstarrten später zu krystalli¬ 
nischen Gcbirgsarten. Die neu gebildeten Gebirge gaben dann das Ma¬ 
terial her zur Bildung neuer Schichten, indem die in jener Zeit noch 
stärkeren Niederschläge in hohem Grade zerstörend auf sie einwirkten, und 
der aus diese Weise gebildete Schutt neue geschichtete Ablagerungen bil¬ 
dete. Solchen Hebungen entsprachen weniger leicht erklärliche Senkun¬ 
gen. Große Flächen, mannichfach gegliederte Continente wurden gehoben 
und gesenkt; die Grenzen von Land und Meer, vom Starren und Flüssi¬ 
gen wurden mannichfach und oft verändert. Die Geologie ist wesentlich 
die Geschichte dieser Veränderungen und der durch sie hervorgerufenen 
Erscheinungen. Sie lehrt z. B. daß, abgesehen von ganz frühen Ver¬ 
änderungen, die Umgebung von Paris sich heben mußte, um von einer 
Süßwasserbildung bedeckt zu werden, dann wieder sinken, um eine Meeres- 
bildnng aufnehmen zu können, und zuletzt sich wieder heben, um aufs 
neue mit Süßwasserbildungen erfüllt zu werden. 
Als Beweis für die Annahme eines feurigflüssigen Erdkerns diene die 
Beobachtung, daß von dem Punkte an, wo im innern der Erde der jährliche 
Wechsel der Temperatur sich nicht mehr geltend macht, d. h. in unsern Gegen¬ 
den von der Tiefe von 60' an, die Temperatur bei zunehmender Tiefe fort¬ 
während steigt, im Mittel für je 100' um 1° R. Darf man diese Zunahme 
der Wärme für eine gleichförmige halten, so würde bereits in einer Tiefe von 
5 Meilen die Erdwärme den Schmelzpunkt des Eisens und Basaltes erreichen, 
woraus jedoch nicht ohne weiteres geschlossen werden darf, daß in dieser Tiefe 
etwa vorkommender Basalt auch wirklich geschmolzen sein würde, weil der
	        
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