Full text: Lehrbuch der Geographie für die mittleren und oberen Klassen höherer Bildungsanstalten sowie zum Selbststudium

§. 109. Lage, Größe, Grenzen, Küstcnbildung. 
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Gründung an der Mündung der Weichsel. Spätere Entwaldungen 
baden dem Düncnsande seine Beweglichkeit wieder gegeben, der nun bei 
Nordstürmen aufwirbelnd ebenfalls zur Versandung des Haffs mächtig 
beiträgt. Zugleich aber wurden durch Zerreißung der Düne schiffbare 
Verbindungen zwischen dem Haff und dem offenen Meere hergestellt. 
Somit konnte sich Königsberg an der Mündung des Pregels in 
das Haff zur Seestadt entwickeln. Es entstand 1255, gegründet von 
dem Böhmenkönige Ottokar auf seinem Kreuzzuge gegen die Preußen. 
Die Stelle und die Zahl dieser Durchbrüche hat sich im Lause der 
Jahrhunderte mehrfach geändert, und zwar nicht ohne Zuthun der 
Menschen, indem nämlich die Danzigcr aus Handclscifcrsucht gegen die 
aufblühende Rivalin durch versenkte Schiffe die Oeffnungcn schlossen, die 
dann bald durch den beweglichen Sand vollends gefüllt wurden. Die 
jetzige Oeffnung bei Pillau stammt aus dem Jahre 1510, und auch 
um ihre Erhaltung ist zwischen Danzig und den Herzögen Preußens 
gekämpft worden. Pillau, stark befestigt, dient als Vorhafen für Königs¬ 
berg, wo die für Königsberg bestimmten Seeschiffe leichtern. 
Brüster Ort bildet die Nordspitze der Halbinsel Samland, 
welche die Danzigcr Bucht im Osten schließt. Ihre steilen Küsten, vom 
Meere unterwaschen und daher in stetigem Rückzüge begriffen, bergen 
zwischen Braunkohlcnlagcrn den edlen Bernstein, der diese Küste so früh 
bekannt gemacht und die Entstehung der beiden großen Handels¬ 
straßen von hier über Schlesien, Mähren und die Ostalpcnländcr 
zum Adriatischen Meere, und längs der Weichsel und des Dnjcstr zu den 
Gestaden des Schwarzen Meeres zur Folge gehabt hat. Bis jetzt wird 
bekanntlich die größte Menge dieses Harzes durch Baggern aus dem 
Frischen Haff und dem offenen Meere gewonnen, wohin die Massen 
durch Zerstörung der Uferschichtcn gelangt sind. Die Bildung des 
Frischen Haffs wiederholt sich im Kurischen Haff, dessen 12 Meilen 
lange Nehrung ebenfalls nur eine Oeffnung bei Memel hat. Seine 
Tiefe ist noch geringer als die des Frischen Haffes, und daher ist Memel 
selbst für diese Gegend der Haupthafcn. Alle drei Hafcnplätze Danzig, 
Pillau-Königsberg, Memel führen besonders Holz und Getreide aus 
dem preußischen und polnischen Hinterlande aus. 
Von Memel ab verläuft die Küste 25 Meilen weit nordwärts bis 
zum Eingang der Rigaschcn Bucht. Hier ist die Küste von unzerbroche- 
ncn Dünen begleitet; nur bei Li bau wiederholen sich im kleinen die 
Verhältnisse der beiden preußischen Haffe. Windau ist ein Flußhafen. 
Zwischen dem sandigen Cap Domesnäs und der Insel Oesel liegt 
der wegen seiner Sandbänke gefährliche Eingang zur Rigaschcn Bucht, 
an deren südöstlichem Ende die Düna mündet. An ihr liegt, etwa 
1>/, Meilen von der Mündung entfernt, Rußlands zweite Handelsstadt, 
Riga, eine Gründung Bremer Kaufleute, die seit der Mitte des 12ten 
Jahrhunderts diese Küsten befuhren und am rechten Ufer des Stronics 
einen Getreidespeicher, „Riege", angelegt hatten. Nicht fern von dieser 
Stelle erhob sich dann bei Ucxküll die erste christliche Kirche dieser 
Gegend, und im Jahre 1201 wurde zum Schutz dieser Kirche und ihres 
Guthe, Schulgeographii. 25
	        
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