§. 134. Bevölkerungsverhältnisse. ’ 53ss
Straße der Fluß überschreitet. Bei Venloo wendet sich der Fluß nach
Nordwesten, ungefähr dem Rhein parallel; Tfcci Grave beginnt er west¬
wärts zu strömen. Er ist überall bequem zu befahren und daher eine
belebte Ausfuhrstraße für di« Jndustrieproducte der Ardennen und die
Steine von Mastricht. — Die Schel!de tritt bei Doornik (Tour-
nay) ins Flachland ein; bei Gent nimmt sie von links die Lys auf
und verdoppelt daher ihre Wasscrmasse; darin liegt die Bedeutung und der
Ursprung dieser mächtigen Stadt, die sich späterhin durch Canäle direct
mit der Schcldemüudung und Aber Brügge mit Ostende in Verbin¬
dung gesetzt hat. Von Gent ab beschreibt der Fluß einen großen nach
Osten gerichteten Bogen und nimmt dabei rin System von Flüssen ans,
welche sich zuletzt in der Rüpel vereinigt haben. Brüssel (Bruxelles)
und Löwen liegen da, wo diese Flüsse das Hügelland im Norden der
Maas verlassen. Erstere Stadt, wie nn der Grenze von Hügelland und
Ebene liegend, so auch von der Sprachgrenze zwischen französischem und
deutschem 2diom durchzogen, so daß in der Oberstadt, dem Sitze der
Regierung, das Französische, in der Unterstadt, dem Sitze des Handels
und der Gewerbe, das Vlämische vorherrscht, ist gewissermaßen ein Bild
des Belgischen Landes im kleinen und eignet sich, in der Mtte des
Landes gelegen, vortrefflich zu dessen Hauptstadt. Ueber die Lage von
Antwerpen, dem Haupthafen und Landesfestung Belgiens, ist schon
auf S. 429 geredet. Die reichen Marschen zwischen Schelde und Meer
bilden die Landschaft Flandern, die Heimat der Flamländer (Vlämen).
Oestlich davon erstreckt sich von den Hügeln am linken Maasufcr bis
hinab zum Rhein die Landschaft Brabant, in zwei Hälften getheilt durch
die sandige und morastige Ebene Ca mp ine (östlich von Antwerpen),
in welcher jetzt die Kunst des belgischen Ackerbaus ihre Triumphe stiert.
Bevölkernngsverhältnifse. Als die jetzt deutschen Lande §.134.
durch die Römer »ns zuerst etwas näher bekannt wurden, waren die
Alpen und ein großer Theil von Süddeutschland bis zu den Karpathen hin
von Celten (Uelvetii, Löst, Taurisci, Scordisci u. a.) besetzt. Mittel¬
deutschland und Niederdcutschland hatten Germanen inne, so etwa, daß
der Rhein sic von den westlichen Celten schied; doch fand bereits ein
starkes Vordränge» der Germanen über den Rhein hin statt (die Ubier,
die Usipeter und Teuchtheren u. s. w.). Ostwärts erstreckte sich germa¬
nisches Gebiet bis an die Weichsel (Gothonen): beim Njemen begannen
die Bezirke der lettischen Küstenvölker und im Binnenlantc, im heutigen
Littauen und von dort süd- und ostwärts verbreitet, saßen slavische
Völker. Im Gebiete der oberen Weichsel stießen diese drei Sprachgebiete
aneinander. Db jemals in Norddeutschland Celten gewohnt und etwa
westwärts über den Rhein ziehend nachrückenden Germanen Platz gemacht
haben, ist höchst ungewiß, obwohl die Etymologen sich bemühen, durch
Ableitung von Ortsnamen (Brocken, Ocker, Halle und die Halloren!)
solches zu erweisen, und die Archäologen geneigt sind, die Broucewaffeu,
welche wir in den Gräbern eines vorgeschichtlichen Volkes in ganz Deutsch¬
land finden, als celtisch zu bezeichnen. Die östlichen germanischen Stämme