Full text: Lehrbuch der Geographie für die mittleren und oberen Klassen höherer Bildungsanstalten sowie zum Selbststudium

5« Buch II. Physische Geographie. Cap. III. Der Lustkreis. 
krümmte Linie beschreibt. Sic sind besonders häufig in Westindien, wo sie bei 
den kleinen Antillen beginnen, sich nordwestlich bis Florida bewegen und dann 
■ nach Nordosten gewandt längs der Bahn des Golfstroms die Küsten Europas er¬ 
reichen. Aehnliche Sturmfelder sind der Bengalische Busen und das Chinesische 
Meer. Auf der südlichen Halbkugel, >vo der Sin» der Drehung ein entgegen¬ 
gesetzter ist, liegt das bekannteste Sturmfeld bei den Mascarcncn. Da man die 
Gesetze der Bewegung dieser Stürme jetzt sehr genau kennt, so ist es dem 
Schiffer leicht gemacht, sie zu vermeiden, ja sogar sie zu seinem Vortheil zu 
benutzen. 
So unregelmäßig die Vertheilung der Winde und ihre wechselnde 
Richtung für den Bewohner der gemäßigten Zone auch zu sein scheint, 
so gesetzmäßig ist doch ihr Lerhalten, wenn mau das Erdganze ins Auge 
faßt. Ueber der Gegend des Aequators steigt die durch die steil ein¬ 
fallenden Sonnenstrahlen stark erwärmte und ausgedehnte Luft in einem 
aufsteigenden Luftstrome (courant ascendant) rasch empor, um dann 
zu den Ländern der gemäßigten und kalten Zone in sich allmählich senken¬ 
dem Strome (dem sogenannten oberen Passat- oder Acquntorial- 
strom) abzufließen (s. Fig. 38). Dieser Strom Fjg 33.. 
liegt in den Anden mindestens 20000' über dem 
Meere; bei den Canarischcn Inseln liegt schon die 
Spitze des Pik von Teneriffa (11408') innerhalb 
des herabkommcnden Aequatorialstroms, der in 
Europa den Boden erreicht. Daß dies schon in 
den Ländern gemüßigter Zone statt findet, und 
der Aequatorialstrom nicht erst am Pol herab- ^ 
kommt, bat seinen Grund darin, daß die Erde »ach den Polen hin, jo 
zu sagen, enger ivird, indem der Abstand zwischen zwei bestimmten 
Meridianen sich stets verengert, so daß die zwischen ihnen am Aequator 
aufsteigende Luftmasse in höheren Breiten sich nothwendig in die Tiefe 
senken muß. — Von der Stelle aus, wo dies der Fall ist, werden sich aber 
Luftmassen in der Richtung zum Aequator hin in Bewegung setzen müssen, 
um den durch den aufsteigenden Luftstrvm dort hervorgerufenen Ausfall 
wieder zu decken; das ist der sog. Polarstrom oder untere Passat. 
Auf diese Weise bilden sich für die beiden Halbkugeln der Erde zwei große 
Kreisläufe der Luft aus. Die Stelle, wo der Aequatorialstrom den Boden 
erreicht, ist wechselnd, und darin besteht der Charakter der Witterung un¬ 
serer gemäßigten Zonen, indem wir bald unter der Herrschaft des wär- 
mcren herabkommcnden Aequatorialstroms, bald unter der des kälteren 
Polarstroms stehen; ja cs - kann in einem Theile Europas z. B. der 
Aequatorialstrom eine Zeit lang herrschen, während die Länder östlich 
und westlich davon im Gebiete des Polarstroms liegen, so daß die Gegen¬ 
sätze von Wärme und Kälte in der Richtung von Ost unb West neben 
einander liegen. 
Durch die Drehung der Erde erfährt nun die Richtung dieser beiden 
Luftströme, welche bei ruhender Erde genau der Richtung der Meri¬ 
diane folgen würde, eine Aenderung. Indem nämlich alle vom Aequator 
ausgehenden Lufimasscn aus Orten größerer Umdrehungsgeschwindigkeit 
zu Orten minderer Umdrehungsgeschwindigkeit sich begeben, dabei aber die
	        
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