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boten; der Handelsverkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln und Ge¬ 
brauchsgegenständen ist einer Reihe von Beschränkungen unterworfen, deren 
Befolgung polizeilich überwacht wird. Nach Wulff. 
112. Ein Mann ein Mann — ein Wort ein Wort. 
Der nachmals so berühmt gewordene holländische Admiral 
Ruyter stand in seinen jüngeren Jahren in dem Dienste eines Kauf¬ 
manns und wurde von diesem einmal als Aufseher über eine Schiffs¬ 
ladung und als Geschäftsführer seines Herrn mit lauter feinem wollenen 
Tuche nach Marokko geschickt. In Marokko aber herrschte damals 
als unumschränkter Herrscher ein Bey oder Fürst, der nach dortiger 
Weise ohne Recht und Gericht Herr über Leib und Leben war und 
auch aller derer, die des Handels wegen ins Land kamen. 
Dieser Bey kam eines Morgens mit seinen Hofleuten auf die 
Messe und blieb vor Ruyters Bude stehen; er besieht das Tuch; 
und ein sehr feines Tuch sticht ihm besonders in die Augen. „Was 
kostet's?" fragt er. 
Ruyter fordert den von seinem Herrn festgesetzten Preis. Der 
Bey bietet die Hälfte. 
„Ich bin kein Betrüger,“ sagte Ruyter „der noch einmal soviel 
fordert, als die Sache wert ist, und sie dann natürlich auch um die 
Hälfte wohlfeiler losschlagen kann, als er gefordert hat. Bei mir 
gilt das Handeln nicht. Was ich fordere, ist fester Preis. Auch ist’s 
nicht mein Eigentum. Ich bin nur meines Herrn Diener.“ 
Das wäre nun überall in Ordnung gewesen, nur nicht in Marokko. 
„Weißt du nicht, Christenhund!“ rief der Bey, „daß ich der 
Herr deines Lebens bin?“ 
„Das weiß ich wohl, Herr Bey,“ sagte Ruyter, „aber ich weiß 
auch, daß ich nicht überfordert und ich als Diener meines Herrn 
die Pflicht habe, für sein Wohl zu sorgen und nicht an mich zu 
denken. Das will ich halten bis an meinen Tod, und Ihr kriegt 
das Stück nicht um einen Heller wohlfeiler. Tut, was Ihr vor Gott 
verantworten könnt!“ 
Alle Kaufleute, die dies hörten, erschraken auf den Tod. „Ade, 
Ruyter,“ dachten sie, „wenn du morgen noch die Pfeife rauchst, 
so muß dein Kopf ohne Leib rauchen können.“ Darin hatten sie 
sich verrechnet. Der Bey sah den jungen Mann mit zornfunkelnden 
Augen an, und alle Welt erwartete den kurzen Bescheid: „Kopf ab!“ 
Aber er sagte: „Ich gebe dir bis morgen um diese Zeit Bedenkfrist. 
Hast du dich bis dahin nicht anders entschlossen, so mache dein 
Testament!“ — Damit ging er. Ganz ruhig legte Ruyter das Stück 
Tuch zurück und wartete auf andere Kunden. Da stürmten die 
Kaufleute herbei und sagten: „Um Gottes willen, schenk ihm das 
Tuch ! Schlägt er dir den Kopf ab, so ist dein Leben und deines
	        
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