Full text: Geschichte des Alterthums (Bd. 1)

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Unruhen durch Tib. Gracchus. 
sollten. Was aber bei der Vertheilung übrig bleibe, möge un¬ 
ter die Armen vertheilt werden, jedoch als unveräußerliches 
Staatsgut, das an den Staat zurückfalle, wenn es nicht ange¬ 
baut werden würde. Die armen Bürger nicht nur, sondern 
auch viele andere billig denkende Männer gaben dem wohlge¬ 
meinten Vorschlage ihren Beifall. Allein der Tribun M. Octa¬ 
vius, bisher ein Freund Tibers, jetzt aber der Partei der 
reichen Güterbesitzer sich ganz hingebend, widersprach, und 
nicht ohne Fug ließ sich auch der ganze Vorschlag als unmög¬ 
lich darthun, da in der Länge der Zeit Privat- und Staats¬ 
gut fast unausscheidbar mit einander sich in dem Besitzthum 
der reichen Familien verwoben hatten, ja vielfach aus den 
Händen des ersten Besitzers in die dritte und vierte Hand 
übergegangen waren. Nun wiederholte Tiberius seinen Vor¬ 
schlag, jedoch die milderen Bedingungen hinweglassend. Aber 
alles Dringens und aller Bitten ungeachtet, beharrte M- Octa¬ 
vius bei seiner Weigerung, und eben so entfernt war der Se¬ 
nat von aller Nachgiebigkeit. Hierauf wagte Tiberius den bis¬ 
her unerhörten Schritt, dem Volke die Absetzung des Octavius 
vorzuschlagen. Wirklich ward Octavius abgesetzt, das Ackergesetz 
bestätigt und Anstalt zu dessen Vollziehung gemacht. Allein 
eben diese gesetzwidrige Absetzung des Tribuns erleichterte den 
reichen Großen die Befriedigung ihrer Rache an Tiberius. Als 
dieser nun auch die Rechte des Senats gefährdete, indem er 
vorschlug, daß man die Schätze des Königs Attalos von Per¬ 
gamus (dieser hatte 133 die Römer zu Erben seiner Schätze 
und seines Reiches eingesetzt) unter die armen Bürger Roms 
vertheilen, und daß nicht der Senat, sondern das Volk über 
das pergamenische Reich entscheiden sollte, beschuldigte man ihn 
im Senate, er strebe nach der Königskrone. Unterdessen ging 
die Zeit seiner tribunicischen Würde zu Ende, und schon um sei¬ 
ner persönlichen Sicherheit willen wünschte nun Tiberius, daß 
man ihm das Tribunat verlängern möchte; allein theils der 
Aernte wegen, theils aus Furcht wohnten viele Bürger der 
Wahl-Versammlung njcht bei, in welcher Tiberius auch für 
das nächste Jahr zum Tribun gewählt werden sollte. Und als 
nun auf die Nachricht, das Leben des Tiberius sey bedroht, 
dessen Anhänger ihre Gegner angriffen, erhob sich auf die 
Kunde hievon der als Gegner des älteren Cato berühmte
	        
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