Full text: Geschichte des Alterthums (Bd. 1)

Blüthe der römischen Jurisprudenz. 393 
mit Lehrern, denen der Staat zu einer sorgenfreien Pflege der 
Wissenschaften verhaft, waren die vorzüglichen Ursachen dieses 
Schmuckes des trajanischen und adrianischen Zeitalters. 
Insbesondere fing aber seit dieser Zeit eine Wissenschaft 
zu blühen an, die Jurisprudenz, welche von nun an einen 
außerordentlichen Einfluß auf das öffentliche Leben des römischen 
Volkes und dann derjenigen Völker gewinnt, die später mit diesem 
in nähere Berührung traten. Die ursprünglichen Bestandtheile 
(Quellen) des römischen Rechtes waren die leges: die zu Gesetzen 
erhobenen Beschlüsse der Volksversammlungen (populiscita). 
Augustus hatte anfänglich die alten Formen noch beibehalten, 
Gesetze durch die Centuriatcomitien zu ertheilen; allein bald 
traten die Senatsbeschlüsse an die Stelle der populiscita, und 
die Edikte des Princeps an die Stelle der Senatsbeschlüsse. 
Der Princeps aber ertheilte Gesetze (constitutiones), indem er 
auf eingereichte Bittschriften Antwort ertheilte (per rescripta 
ad libellos supplices, epistolas vel preces); oder durch 
Decrete, welche Rechtsfälle vor Gericht entschieden (per de¬ 
creta); oder durch gelegentliche Verordnungen, (per edicta); 
endlich durch Befehle an Magistrate und Feldherren (per man¬ 
data). Zu diesen dreifachen Bestandtheilen des römischen Rech¬ 
tes (leges, Senatus consulta und constitutiones principum) 
kamen dann noch die gesetzlichen Bekanntmachungen der Magistrate 
und insbesondere des Prätors, der das Richteramt in Rom be¬ 
kleidete. Da jeder Prätor bei seinem Amtsantritte die Regeln ver¬ 
kündigte, nach welchen er in zweifelhaften Fällen zu entscheiden 
gedachte, hiebei die angesehensten Rechtsgelehrten zu Rathe zog, 
und die Bestimmungen (edicta) weiser Prätoren von ihren 
Nachfolgern in der Regel beibehalten wurden, so gestaltete sich 
dadurch eine fortschreitende Entwicklung des römischen Rechts. 
Eben dadurch trat aber auch die Nothwendigkeit ein, das gesammte 
geltende Recht in eine Sammlung (corpus) zu vereinigen, und 
schon Jul. Cäsar hatte den Plan gefaßt, dieses zu thun. 
Adrian ließ nun durch den Prätor Salvius Julianus das 
edictum perpetuum verfassen, dessen Inhalt mit Bestimmt¬ 
heit angab, was von nun an als Recht gelten sollte. Dazu 
kam noch, daß Adrian zuerst sich das vollständige Recht 
der Gesetzgebung beilegte, während bis dahin die Prin¬ 
cipes ihre Edicte in Kraft einzelner Aemter hatten er-
	        
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