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Und aller Blicke haften schmerzumflossen
Auf ihrem lieben, freundlichen Genossen,
Sein Bild sich recht in's treue Herz zu schauen.
Der Vater haͤlt des Todten Floͤt' und Stab,
Benetzend sie mit mancher heißen Zaͤhre;
Dem Juͤngling sollen folgen in sein Grab
Die schlichten Zeichen seiner Hirtenehre.
Im Ohr des Alten summen noch die Lieder,
Die dieser Floͤte einst so froh entquollen,
Und die auf immer nun ihm schweigen sollen;
Das beugt ihm tiefer noch die Seele nieder. —
Wer aber kommt die Haide hergezogen,
Gejagt, so scheint's, von draͤngender Gewalt,
Das Haupt von greisen Locken wild umflogen,
Das tiefgefurchte Antlitz fahl und kalt?
Er ragt in's Leben ernst und schroff hinein
Wie altes, laͤngst verwittertes Gestein;
Vom Antlitz fließt herab der Bart so hell,
Wie duͤstrem Fels entquillt der Silberqueil.
Aus dunkler Hoͤhle gluͤht des Auges Stern,
Als saͤh's auf dieser Erde nichts mehr gern.
Das Auge scheint mit seiner Glut zu sagen:
„Muͤßt ich nicht leuchten dem unstaͤten Fuß,
Ich haͤtte laͤngst mit eklem Ueberdruß
Vor dieser Welt die Thuͤre zugeschlagen!«
Der Wandrer ist der Jude Ahasver,
Der, fluchgetrieben, rastlos irrt umher.
Zur Bahre tritt er feierlich und leise,
Und spricht im bang erschrocknen Hirtenkreise:
»So betet still, daß Ihr ihn nicht erweckt!
Hemmt Eurer Thraͤnen undankbare Flut!
Sein Schlaf ist gut, o dieser Schlaf ist gut!
Wenn er auch Thoren Eures Gleichen schreckt.
O suͤßer Schlaf! o suͤßer Todesschlaf!
Koͤnnt' ich mich rastend in die Grube schmiegen!
Koͤnnt' ich, wie der in deinen Armen liegen,
Den schon so fruͤh dein milder Segen traf!
Den Staub nicht schuͤtteln mehr vom muͤden Fuße!
Wie tiefbehaglich ist die Todesrenße!