Full text: Der neueren Geschichte zweite Hälfte enthaltend (Bd. 4, [Schülerbd.])

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oder böse sind. Die Vernunft sagt uns dies zwar auch, 
aber dann müssen wir erst darüber nachdenken, und das 
vergißt der Mensch manchmal; darum hat ihm Gott das 
Gewissen gegeben, welches ihn auch dann vor dem Bösen 
warnt, wenn er nicht erst nachdenkt, z. B. wenn er im 
Zorn die Hand anshebt, einen Andern;u schlagen, und 
ihn selbst dann zum Guten antreibt, wenn er nicht Zeit 
zum Nachdenken hat. Der Mann, welcher in ein bren¬ 
nendes Haus eilt, um ein Kind zu retten, denkt nicht erst 
nach, ob es recht und Pflicht sei, sein Leben zu wagen: 
er fühlt es. Die Angst bei dem Bösen, und die Freude 
bei dem Guten hält uns von jenem ab, und treibt uns 
zu diesem an, bestraft und belohnt uns. Wer bei einem 
bösen Gedanken, einem unanständigen Worte, einer klei¬ 
nen Unredlichkeit sein Unrecht fühlt, hat ein feines Ge¬ 
wissen, und wenn ihm dieses starke Vorwürfe macht, ein 
starkes Gewissen. Manche Menschen machen sich kein 
Gewissen daraus, Gestohlenes zu kaufen, Gefundenes zu 
behalten, weil sie es nicht für Unrecht halten: ihr Gewissen 
urtheilt unrichtig, weitste irrige Vorstellungen von Recht 
und Unrecht haben. Haben wir Böses gethan, z. B. ge¬ 
logen, so mögen wir gegen Andere, die es bemerkt haben, 
nicht die Augen aufschlagen: wär schämen uns, und be¬ 
sorgen, daß Andere uns verachten; ist diese Scham rechter 
Art, so wünschen wir, das Böse nicht begangen zu haben: 
wir empfinden Reue. (Z. B. Kain, Saul, David, 
Judas, der verlorne Sohn :e.) Wer etwas einfältig oder 
fchlecht macht, und sich dessen nicht schämt, noch es bereut, 
ist zu allem Bösen fähig; Scham und Reue sollen u'ns 
zur Besserung antreiben. C's giebt auch eine falsche Scham, 
z. B. einen Fehler wieder gut zu machen, Abbitte zu 
thun., die Hand zuerst zum Frieden zu bieten, das Böse 
und Thörige, w'as Andere thun, nicht mit zu machen. 
Außer diesen sittlichen Gefühlen giebt es auch noch 
Gefühle, welche sich auf Gott und Religion beziehen, 
und daher religiöse Gefühle genannt werden. Wenn wir 
in einer sternenhellen Nacht den Himmel betrachten, oder 
ein furchtbares Gewitter, ein heftiger Sturm aufsteigt, und 
wir uns dabei die Weisheit und Allmacht dessen vorstellen, 
der alle diese Dinge geschaffen hat, erhält und regiert: so
	        
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