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zugehen *)• Mein der französische Hof batte damals eine Gestalt an¬
genommen, wo keine Marime gegenüber von persönlichen Reizungen
der einflußreichen aushielt. Roch in den leztm Jahren Flrurv'S hatte
König Ludwig XV., dessen auSgclaßcnc finlichc Tribe sich mehr und
mehr von feiner Gcmalin abwendeten, sich rüksichtSlofer den Aus¬
schweifungen hingegeben, und sein Liebling der Herzog von Richelieu
sol ein näheres Verhältnis zu der Marquise de Mailly herbeigcfürt,
Fleury cS begünstigt haben. Diesem Verhältnisse besonders hatte
BcllciSle seinen Einfluß zu danken gehabt. Würend dcS östreichischen
Erbfolgekriegcs ward aber die Mailly aus ihrem Verhältnisse als kö¬
nigliche Geliebte durch ihre Schwester, die Ludwig XV. zur Herzo¬
gin von Chautcaurvur erhob, verdrängt, und dieser war es sogar ei¬
nige Zeit gelungen, den übrigens seinen Lüsten ganz verfallenen Mo¬
narchen zu tätigerem Eingreifen in Stars- und KricgSangclegenbeiken
zu vermögen. Allein sie starb, nachdem sic kurz zuvor einmal (als
der König in Metz erkrankte und vor den Höllenstrafen in Angst ge¬
riet) vom Hofe einige Zeit vcrtriben, aber wider zu Gnaden ange¬
nommen worden war und machte Frau von EiioleS (durch den König
ward sie Marquise de Pompadour) Plaz, welche geistreich, aber eben
so eitel alS vergnügungssüchtig, der s. g. philosophischen Partei man¬
chen Vorschub leistete; aber die bedeutendsten Stellen oft nur den
-angenemstcn Gcsclschaf.ern zu verschaffen schin. Um sie bildete sich
nun ein regircndcr Kreis, in welchem Männer wie Soubisc und Ri¬
chelieu bedeutend hervortraten. Wir ersparen uns das sitliche Elend,
was durch den Sin dieses regircnden Kreises über Frankreich gebracht
ward, zu schildern, da alle, welche die französische Revolution nicht
bloß in ihrer Iiotwcndigkeit (diese als ein götlichcs Strafgericht
wagt wol niemand zu leugnen), sondern als. sitlich woliätig wirkend
darzustellen gesucht haben, gerade von der empörenden Nichtswürdig¬
keit dcS französischen Hofes zur Zeit Ludwigs XV. ihren AuSgang
genommen haben, und die Tatsachen im Ganzen also unbestritten an-
erkant sind.
Daß die französische Rcgirung unmöglich dem Willen der erklärten
Mätresse des Königes entgegen eine politische Maxime durchzufürcn
die Kraft habe, konte man bei dem damaligen Zustande der Dinge
in Wien leicht einsehen; noch deutlicher als früher sah cs Graf Wen¬
zel Anton von Kaunitz ein, als er als Gesandter der Kaiserin nach
Paris kam. Kaunitz leitete cs ein, daß die Kaiserin sich übenvand,
•) Schlo fscr (a. a. £. ©. 221.) hat die betreffende Stelle der Jnllruttien mit¬
geteilt: „ I.» cour île Vienne ne péril point de vue le projet de recouvrer le
plutôt, qu'elle pourra ce qu'elle a cifdrf maigre' elle dans le cour» de la der¬
nière guerre, ( et objet lui tient tellement à coeur que suit par elle même
soit par la cour de Dresde elle a fait faire au roi depuis 174:» jusqu'en 1748
plusieurs propositions de paix particulière et des offre« même d'abandonner à
la France quelques places de« l’avs-Kas Autrichiennes pourvu que 8. 31. vou¬
lût bien“ etc.
Leo'6 Lehrd. d. Universalg. Bd, IV. (2te Luflage.)
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