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VII. Das Kaiferthum Oesterreich."
Wie unter allen germanischen Staaten der Kaiserstaat die »ach 140
Nationalitäten, Sprachen und Kulturstufen gemischteste Bevölkerung
aufweist, so erscheint auch das Land in orographischer und klimatischer
Beziehung sehr gegliedert8). Wilde, schneebedeckte und eiSumpanzrrte
Hochgebirge wechseln mit tannendüstern Waldhöhen oder kahlen, klüfte¬
reichen Kalkbergen und wieder mit endlosen Ebenen8), die bald als
trockne Haideflächen, bald als sumpfige Niederungen, bald als herrliche
Ackerfelder erscheinen. Bon den durchglühten Gestadeländern der Adria
bis zu den rauhen „Ferner"-Thälern deSTyrol8) oder den einsamen Wald¬
revieren und den schönen ..Meerauge»'8) der Tatra7), welch' klimatischer
Unterschied!
Zm Gefolge dieser Verschiedenheiten begegnet unS denn auch eine
Mannigfaltigkeit und Fülle der Produktion, die — für fich allein ge¬
nommen — den österreichischen Kaiserstaat zu einem der gesegnetsten
Reiche machen würde.
Diese Thatsache tritt unS schon in dem wichtigsten Zweige' des 130
Favdbau's entgegen. ES werden alle europäischen Getreidearten kul-
tivirt, selbst der ReiS8) nicht ausgenommen. Im Durchschnitt dürfte
man die jährliche Getreideernte auf 300,000,000 Wiener Metzen >) an-
1) mit Ausschluß von Benetien. 2) die Slawen bilden zwar die relative Mehr¬
heit der Bevölkerung (etwa -10 °/o), und dir Romanen und Magyaren jmadja.)
sind wenig geringer an Zahl al« dir Deutschen; allein die letzter« sind da» bestim¬
mende Element, die deutschen Landeitheile die geschichtliche Grundlage der Monar¬
chie und die Kaiserfamilie deutscher Abstammung. 3) Da« Berglind nimmt % der
Oberfläche ein. 4) Die ungarische Ebene mißt 1700 Quadrat-Meilen. 5) Die
Gletscher heißen im Salzburgischeii und weiterhin „Keese". 8) Sinniger Name für
die dortigen Bergseen. 7) der mächtigste» Gruppe de« Karpathengebirge«. 8) obgleich
wir hier Venetien vorläufig von unserer Betrachtung ausschließen. 0) eine Metze
— II 1,4995 Liter, während ein Schweizermalter — 150 Liter.