Full text: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

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den Zug mit , so ungerne sie es thaten. Sie hörten von den Siegen in 
Mitteldeutschland; die Thaten ihrer Brüder wurden von Millionen gepriesen, 
während sie in kleinen, unrühmlichen Kämpfen ihr Blut vergießen mußten 
und von Deutschland fast vergessen wurden. Die Beschwerden des Feldzuges 
mehrten sich bei der zunehmenden Winterkälte Woche für Woche. Es kam 
vor, daß die Soldaten Nächte im Walde zubringen mußten, während die 
Füße bis an die Kniee im Schnee standen und das Eis von den Zweigen 
klirrte und weder trocknes Holz da war, Feuer anzumachen, noch Brot, den 
Hunger zu stillen. Unter den vielen kleinen Kämpfen, welche die Verbündeten 
in Dänemark zu bestehen hatten, war das Tressen am 10 December, dem 
Geburtstage des Herzogs Friedrich Franz, das unglücklichste, aber ruhmreichste 
für die Mecklenburger. Wallmoden traf an diesem Tage bei dem Dorfe 
Sehestedt auf eine starke Abtheilung Dänen und griff sie mit seiner weit 
geringern Macht an. Früh um fünf Uhr begann schon der Kampf. Die 
Dessauer Jäger hielten das Dorf Sehestedt beseht und vertheidigten es 
Stunden lang mit Muth und Ausdauer gegen den zahlreichen Feind. Leider 
hatten sich die verschiedenen Führer der Verbündeten in ihren Ansichten nicht 
einigen können. Daher kam es, daß die Mecklenburger den Befehl, nach 
Sehestedt zu marschiren, viel zu spät erhielten. Nach einem höchst ermüdenden 
Tagemarsche erreichten sie Abends spät ihr Quartier und mußten am folgen¬ 
den Tage bei Nacht und Nebel wieder aufbrechen: denn es waren noch drei 
Meilen bis Sehestedt zurückzulegen. Als sie aus dem Kampsplatze ankamen, 
wurden sie, obwohl sie vom raschen Marsch ermüdet waren, gleich ins Feuer 
geschickt. Das Dorf Sehestedt, welches auf einer nach allen Seiten abfallenden 
Anhöhe liegt, war von den Dänen erobert und sollte von den Verbündeten 
wieder genommen werden. Aber das war so leicht nicht gethan. Die Anhöhe 
war rings mit Kanonen beseht, aus welchen die Kartätschenladungen wie Ha¬ 
gelschauer aus die Andringenden sich ergossen. Es war unmöglich, ohne eine 
starke Masse von Fußvolk die Anhöhe zu erstürmen. So wogte der Kampf 
hin und her. Wallmoden harrte von Minute zu Minute, daß die Schweden 
ihm zu Hülfe kämen; aber die Schweden kamen nicht. 
Bis zum Nachmittage stand das Treffen, ohne daß die Dänen die kleine 
Schar der Verbündeten hätten zurücktreiben können. Da die Schweden nicht 
kamen, wollte der General auf andere Weise den Dänen beizukommen suchen 
und ertheilte den mecklenburgischen reitenden Jägern d'en Befehl, daß sie rasch 
vorrücken und alles niederhauen sollten, was ihnen in den Weg käme. Unter 
lustigem Hörnerklang setzte sich das Regiment, den Herzog Gustav an der 
Spitze, in Bewegung. Durch einen morastigen Hohlweg gings im Galopp 
immer bergan. Aber kaum hatten die Vordersten die Anhöhe erreicht, als 
zwei dänische Batterien ein mörderisches Feuer auf den Ausgang des Hohl¬ 
weges eröffneten. Der Erfolg war schrecklich. Die Kartätschen räumten 
mächtig unter der muthigen Schar auf. Herzog Gustav wurde verwundet und 
gefangen genommen. Nun ging es durch den Hohlweg zurück. Die dänischen 
Reiter folgten nach, um den geschlagenen Feind aufzureiben. Daß dies nicht 
gelang, ist einzig den mecklenburgischen Fußjägern zu verdanken, welche mit 
einer Kühnheit, die manche für Tollkühnheit ausgaben, vordrangen, um den 
dänischen Reitern in den Rücken zu kommen. Ihr Verlust war sehr groß. 
Jede Hecke, womit in Holstein alle Felder umgeben sind, war mit dänischen 
Jägern beseht und mußte mit den Waffen in der Hand genommen werden. 
Unter den Gefallenen war der beliebte Führer der zweiten Kompagnie, der 
unverzagte Hauptmann von Brandt. Aber sie erreichten ihren Zweck. Die 
feindlichen Reiter kehrten um und konnten nur mit großem Verlust sich zu 
den Ihrigen durchschlagen. Am Abende, als alles vollbracht war, kamen
	        
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