§. 807. 808.
Oesterreichs Kämpfe mit Preußen.
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§. 807. Kunersdorf (1759). Aber bald zog sich ein neuer Sturm
über Friedrichs Haupt zusammen. Während der preußische König an großer Er¬
schöpfung litt, die Lücken, welche die Schlachten in seinen geübten Truppen hervor¬
gebracht, durch drückende Aushebung junger, unerfahrener Rekruten mühsam er¬
gänzte und seine Bedürfnisse an Geld und Lebensmitteln nur durch harte Kriegs¬
steuern und hohe Auflagen kümmerlich deckte, erlangte Maria Theresia durch den
geistreichen, gewandten, bei der Pompadour und dem König viel vermögenden
Minister Choiseul aufs Neue die Zusicherung reicher Hülfsgelder und großer
Heere, und Elisabeth suchte durch Siege die Erinnerung an Zorndors zu ver¬
wischen und schickte neue Kriegsschaaren unter Soltikoff gegen Preußen ins
Feld. Friedrichs Stärke beruhte auf der Begeisterung des Volks für den Hel¬
den und der Bewunderung der Gebildeten für den geistreichen, freidenkenden
König, die nirgends größer war als in dem tonangebenden Frankreich, woraus
sich deutlich erkennen ließ. daß die Politik der Regierung mit den Wünschen und
Ansichten des Volks nicht im Einklang stand. Eine Heeresabtheilung, die Fried¬
rich gegen die Russen schickte, um deren Verbindung mit den Oesterreichern zu
verhindern, wurde bei Züllichau geschlagen, und als er selbst die nunmehr 3uh 1759-
vereinigten und zu großer Heeresmacht angewachsenen Gegner unweit Frankfurt
an der Oder mit einer viel geringern Armee angriff, erlitt er in der blutigen
Schlacht von Kunersdorf, nachdem er die Russen bereits siegreich zurückgeschla- 12. Aug.
gen, durch die unter dem geschickten Feldherrn Laudon zu günstiger Zeit hervor¬
brechenden Oesterreicher eine so vollständige Niederlage, daß er an einem glück¬
lichen Ausgang des Kriegs zu verzweifeln begann und kleinmüthig den Tod
wünschte. „Alles ist verloren," schrieb er mit Bleistift an seinen Minister
Finken stein, „rette Er die königliche Familie. Adieu für immer!" Unter den
zahlreichen Gefallenen, die das Schlachtfeld von Kunersdorf bedeckten, war der
Natur- und Jdyllendichter Ewald v. Kleist, „ein Sänger und ein Held zu¬
gleich". Was er geahnet: „vielleicht sterb' einst auch ich den Tod für's Vater¬
land", ging hier in Erfüllung. Nun stand den Feinden der Weg nach Berlin
offen, aber die Uneinigkeit der Russen und Oesterreicher bewirkte, daß der Sieg
nicht so benutzt wurde, wie Maria Theresia es wünschte. Dagegen gingen
Dresden und nach der unglücklichen Eapitulation von Maxen, wo 12,000 ^N-».
Preußen unter Fink in Kriegsgefangenschaft geriethen, auch noch andere Theile
von Sachsen verloren. Die Rettung der übrigen verdankte Friedrich der allzu¬
großen Bedächtigkeit des umsichtigen, behutsamen Feldmarschalls Daun, dessen
methodische Kriegführung dem raschen König häufig die nöthige Zeit zur Er¬
holung gewährte. — Glücklicher hatten indessen Friedrichs Verbündete unter Fer¬
dinand von Braunschweig gegen die Franzosen gefochten. Zwar hatte der
Herzog von Broglie in der Schlacht von Bergen bei Frankfurt a. M. 13-5tpnL
die Oberhand erhalten, aber Ferdinands glänzender Sieg bei Minden trieb 1. «ug.
das französische Heer über den Rhein zurück und rettete Westfalen und Hannover.
§. 808. Liegnitz. Torgau (1760). Die Unfälle hatten das preußische
Heer so geschwächt, daß der König beim Wiederausbruch des Kriegs sich gegen
seine Gewohnheit Vertheidigungsweise verhalten mußte. Zwar führte Friedrichs
Name und die Gewandtheit seiner Werber aus allen Gauen Schaaren von
Weber, Geschichte IL 22