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Den 13. Januar 1786.
Liebe Enkelein!
Es freut mich, daß Euch mein Christgeschenk Vergnügen gemacht
hat; ich höre aber auch das ganze Jahr von Eurer lieben Mutter, daß
Ihr geschickte und gute Mädel seid. Bleibt so, ja werdet alle Tage noch
besser, so, wie Ihr größer werdet! Folgt Euren lieben Eltern, die es
gewiß gut mit Euch meinen, so macht Ihr uns allen Freude! Und das
ist dann gar hübsch, wenn für alle Mühe, die Eure Erziehung kostet,
Eure Eltern, Großmutter und übrigen Freunde Freude an Euch haben.
Auf den Strickbeutel freue ich mich recht, den nehme ich dann in
alle Gesellschaften mit und erzähle von der Geschicklichkeit und dem Fleiß
meiner Luise!
Ihr müßt den Bruder Eduard jetzt hübsch laufen lehren, damit,
wenn das Frühjahr kommt, er mit Euch im Garten herumspringen kann.
Das wird ein Spaß werden! Wenn ich bei Euch wäre, lehrte ich Euch
allerlei Spiele, als „Vögel verkaufen“ und noch viele andere. Es ist
für Kinder gar lustig, und Ihr wißt ja, daß die Großmutter gern lustig
ist und gern lustig macht.
Nun, Gott erhalte Euch in diesem Jahre gesund, vergnügt und
munter! Das wird von Herzen freuen
Eure treue, Euch liebende Großmutter
Elisabeth Goethe.
Den letzten Tag im Jahre 1792.
Liebe Enkelein!
An Euch alle ist dieser Brief gerichtet; wollte ich jedem von Euch
sein liebes Schreiben einzeln beantworten, so möchte mir die Zeit mangeln,
und Ihr müßtet lange auf meine Danksagung für die Freude, so Ihr
mir durch Eure lieben und herzlichen Briefe gemacht habt, warten. Liebe
Kinder! Das Christgeschenk kann Euch unmöglich mehr Freude gemacht
haben als mir Eure Briefe. Sagt selbst, was mir tröstlicher und er—
quickender sein könnte, als Enkel zu haben, die so dankbar gegen mich
sich betragen, die so liebevoll meiner gedenken, die mit warmem Gefühl
trotz der Entfernung mich so lieben und ehren. Liebe Enkelein! Machet
mir in dem kommenden Jahr ebensoviel Freude wie im zu Ende gehenden;
behaltet mich in gutem Andenken, nehmet auch in diesem Jahr sowie an
Alter, also auch an allem, was Eure lieben Eltern, mich und alle guten
Menschen erfreuen kann, immer mehr und mehr zu; so wird Euch Gott
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