Full text: Lesebuch für die Oberstufe der katholischen Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

413 
Wie geht das aber zu, daß eine Kugel wie eine Scheibe erscheint, 
und wie verhält es sich mit dem Anblicke des Himmels? Es geht mit 
beiden ganz natürlich zu, und es ist auch nicht schwer, die Sache zu 
begreifen. Du stehst auf der großen Erdkugel und schaust um dich 
her, soweit dein Auge nur reichen will. Die ganze Kugel kannst du 
nicht übersehen, sondern nur ein kleines Stück von ihr, dem man die 
Krümmung nicht anmerkt, und du nimmst es ohne Bedenken für eine 
ebene Fläche mit Erhöhungen und Vertiefungen, welche wenig zu be¬ 
deuten haben. Nun trägt dein Auge nach allen Seiten gleichweit, und 
die Ebene dehnt sich deshalb nach der einen Seite gerade soweit, als 
nach der andern, und so ist nichts natürlicher, als daß du überall 
in der Mitte einer kreisförmigen Ebene zu stehen glaubst, und dein Hori¬ 
zont ist eigentlich nichts als die Grenze, bis zu welcher dem Auge trägt. 
Nun wirst du auch nicht mehr fragen, warum der Himmel fast 
kugelförmig gewölbt ist. Das, was sich über der Erde zu wölben 
scheint, ist der große Raum, in welchem die Erde schwebt; und die 
schöne blaue Farbe des Himmels kommt von der Luft her, welche die 
ganze Erde wie eine leichte Hülle umgiebt. Nun trägt dein Auge 
immer gleichweit, wenn du in die weite Ferne des Himmels blickst, 
und darum sollte dir der Himmel ganz genau wie eine Halbkugel er¬ 
scheinen, in deren Mittelpunkt du selber stehst. Wenn du aber deinen 
Blick nach dem Horizonte richtest, so siehst du Bäume, Häuser und 
Berge, in langer Reihe hintereinander, und ihre Beleuchtung wird 
immer matter und schwächer; darum erscheint der Horizont dir so 
ferne. Wenn du hingegen nach deinem Scheitelpunkte hinaufblickst, so 
hast du keinen andern Gegenstand über dir als die heitere Luft des 
Himmels, und dein Scheitelpunkt erscheint dir darum viel näher. 
Wenn aber die Erde eine große Kugel ist, die frei in dem weiten 
Raume schwebt, so kann es einem ja bange werden um die Leute, die 
darauf wohnen. Ihr glaubt auf dem höchsten Punkte der Kugel zu 
stehen, und ihr seid fürs erste geborgen; wenn ihr aber weiter fort¬ 
geht, wie einer, der die Reise um die Welt macht, so müßt ihr ja 
fürchten, an einen Punkt zu kommen, wo ihr von der Kugel hinab¬ 
stürzt in die bodenlose Tiefe. Und wie fangen es die Menschen wohl 
an, die auf der Erde uns gerade gegenüber wohnen? Ihre Füße 
stehen unsern Füßen gerade entgegen, weshalb wir sie auch unsere 
Gegenfüßler nennen, und so scheint es, sie haben den Kopf nach unten 
und gehen auf dem untern Teile der Erdkugel etwa so, wie eine 
Fliege an der obern Decke des Zimmers.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.