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„Landgraf, werde hart!“ die Augen aufgingen darüber, wie der
Adel schonungslos das Volk knechtete und aussog.
Unter dem Landgrafen Hermann ging zu Anfang des 13. Jahr-
hunderts ein ganz neuer heller Stern über der Wartburg aut, denn er
erhob sie zu einer Preistatt deutscher Minnesänger, die er an seinen
Hof lud, wo sie lange Jahre die fast königliche Freigebigkeit dieses
kunstbegeisterten Fürsten genossen, ausgezeichnet und in hohen Ebren
gehalten. Zu den hauptsächliebsten Sängern, welche damals auf der
Wartburg weilten, zählten Walter von der Vogelweide, Wolfram von
Eschenbach, Heinrich der Schreiber, Reinhard von Zwetzen, Biteroltf
und Heinrich von Ofterdingen. Der UÜberlieferung nach soll hier
auch im Jahre 1207 der berühmte Sänger-Wettstreit stattgefunden
haben.
Uberreich sind ferner dié frommen Geschichten und die Wunder-
thaten, welehe die Sage von der heiligen Elisabeth, der Gemablin des
Landgrafen Ludwig IV., zu eêrzählen weiss. Den Armen, Kranken und
Beladenen gab sie mit vollon Händen hin. sichtlich war der Himmel
mit ihr, dass man ihre Worte nieht Lügen strafen solle. Wenn sie
hinaus auf den Burghof mit den Mägden trat, frigchgewaschene Wäsche
aufzuhängen, da schossen Sonnenstrahlen hernieder, an welehen Eli-
sabeth die Linnen nun befestigte. Als sie schlicht und ärmlich, fast
wie eine Bettlerin zur Hoftafel schritt, legten Engel ihr heimlieb einen
blauen, goldblitzenden Sternenmantel um. Nach dem Tode ihres im
gelobten Lande verschiedenen Gemabls, bedrängt von ihrem habsüeh—
tigen Schwager Heinrich Raspe, floh sie nach Marburg zu ihrem strengen
Beichtiger, dem Ketzerverbrenner Konrad von Marburg. Den harten
Kasteiungen und Qualen, welehe ihr dieser Möneh auferlegte, war
die zarte Pürstin nicht gewachsen. die siechte rasch hin und starb
1231. Ihre Gebeine wurden im Dome zu NMarburg in Gegenwart
des Kaisers, vieler Fürsten und Bischöfe und einer Menge Volkes
heilig gesprochen. Kaiser Priedrich II. nabm von seinem Haupte eine
goldene Krone, setzte sie auf das Haupt der Heiligen und sprach:
„Da ich sie auf Erden nicht krönen sollte als eine Kaiserin, so will
ich sie mit dieser Krone als ewige Königin des Himmels ehbren!“
Unvergessen ist bis heute ihr Andenken im Thüringer Lande, das in
Legenden und Sagen seine „hbeilige Elisabeth“ mit anhänglicher Liebe
immer aufs neue feiert.
Jahrhunderte vergingen. Man schrieb das Jahr 15621. Da zog
still und hbeimlieh ein Gast zur Wartburg ein, weleher der ebrwürdigen
Thüringer Feste neue ungeahnte Bedeutung geben sollte. Nartin
Luther war es, den sein weiser Kurfürst fürsorglich auf einer Reise
von Möhra über Gotha nach Wittenberg, oberhalb des Schlosses Alten—
stein am Rennstieg des Thüringer Waldes, dureb vermummte Reiter
hatte aufnehmen und zu der halbvergessenen Wartburg geleiten lassen.
Hier musste der Reformator als Junker Jörg in seblichten Reiter
xleidern weilen, da Kaiser und Kirche seiner Freibeit und seinem
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