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Dörfer wurden genommen, und allmählich zog sich der Feuerkreis immer
enger um Sedan zusammen. Es war ein großartiger Anblick von unserer
Stellung auf einer Höhe hinter jener genannten Batterie. Der heftige
Widerstand des Feindes fing an nachzulassen, was wir an den aufgelosten
Bataillonen erkennen konnten, die eiligst aus den Wäldern und Dörfern
zurückliefen. Die Kavallerie suchte einige Bataillone unseres fünften
Korps anzugreifen, die eine vortreffliche Haltung bewahrten; die Kaval—
lerie jagte durch die Zwischenräume zwischen den Bataillonen durch,
kehrte dann um und auf demselben Wege zurück, was sich dreimal von
verschiedenen Regimentern wiederholte, so daß das Feld mit Leichen und
Pferden besäet war, was wir alles von unserem Standpunkte genau mit
ansehen konnten.
Da sich der Rückzug des Feindes auf vielen Stellen in Flucht auf—
löste und alles, Infanterie, Kavallerie und Artillerie, in die Stadt und
die nächsten Umgebungen sich zusammendrängte, aber noch immer keine
Andeutung sich zeigte, daß der Feind sich durch Kapitulation aus dieser
verzweifelten Lage zu ziehen beabsichtigte, so blieb nichts übrig, als durch
die genannte Batterie die Stadt bombardieren zu lassen. Da es nach
ungefähr zwanzig Minuten bereits an mehreren Stellen brannte, was
mit den vielen brennenden Dörfern in dem ganzen Schlachtkreise einen
erschütternden Eindruck machte, so ließ ich das Feuer schweigen und
sandte den Oberstleutenant von Bronsart vom Generalstabe als Parla—
mentär mit weißer Fahne ab, der Armee und Festung die Kapitulation
antragend. Ihm begegnete bereits ein bayerischer Offizier, der mir
meldete, daß ein französischer Parlamentär mit weißer Fahne sich ge—
meldet habe. Der Oberstleutenant von Bronsart wurde eingelassen,
und auf seine Frage nach dem Oberbefehlshaber ward er unerwartet
vor den Kaiser geführt, der ihm sofort einen Brief an mich übergeben
wollte. Als der Kaiser fragte, was für Aufträge er habe, und zur Ant⸗
wort erhielt: „Armee und Festung zur Übergabe aufzufordern,“ erwiderte
er, daß er sich dieserhalb an den General von Wimpffen zu wenden
habe, der für den blessierten Mac Mahon soeben das Kommando über—
nommen habe, und daß er nunmehr seinen Generaladjutanten Reille mit
dem Briefe an mich absenden werde. Es war sieben Uhr, als Reille
und Bronsart zu mir kamen; letzterer kam etwas voraus, und durch ihn
erfuhren wir erst mit Bestimmtheit, daß der Kaiser anwesend sei. Du
kannst Dir den Eindruck denken, den es auf mich vor allem und auf
alle machte. Reille sprang vom Pferde und übergab mir den Brief
seines Kaisers, hinzufügend, daß er sonst keine Auftrage habe. Noch ehe
ich den Brief öffnete, sagte ich ihm: „Aber ich verlange als erste Be⸗
dingung, daß die Armee die Waffen niederlege.“ Der Brief fängt an:
„Da ich nicht an der Spitze meiner Truppen habe sterben können, über—
gebe ich Euer Majestät meinen Degen,“ alles weitere mir anheimstellend.
Meine Antwort war, daß ich die Art unserer Begegnung beklage
und um Sendung eines Bevollmächtigten ersuche, mit dem die Kapitu—
lation abzuschließen sei. Nachdem ich dem General Reille den Brief
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