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Niederlande, Neapel, Mailand und Sardinien, Preußen bekam Ober¬
geldern und die Anerkennung seiner Königswürde. Frankreich aber
brauchte kein Ländergebiet abzutreten, behielt also das früher geraubte
Elsaß.
4. Gebietsvergrößerung und Bauten. Friedrich I. sorgte jedoch
uicht bloß für den Glanz des preußischen Staates, sondern vermehrte
auch das Gebiet desselben. Unter seiner Regierung kamen hinzu die
Herrschaften Moers und Singen, die Grafschaft Tecklenburg und das
Fürtentum Geldern. Auch beförderte er Künste und Wissenschaften.
In Halle wurde eine Universität errichtet, an welcher der fromme
Aug. Herrn. Francse, der Stifter des großen Waisenhauses, wirkte, und
in Berlin, besonders aus Anregung der hochgebildeten Königin, eine
Akademie der Wissenschaften gestiftet. Die Residenz wurde verschönert
durch Prachtgebäude, wie das Schloß, das Zeughaus und mehrere
Kirchen. Das Andenken seines großen Vaters ehrte er durch ein
treffliches Standbild, ausgeführt von dem Baumeister und Bildhauer
Schlüter.
5. Prachtliebe. Eine Schattenseite in der Regierung Friedrichs
war seine große Prachtliebe. Der Luxus der französischen Könige
wurde an dem Berliner Hofe nachgeahmt. Die Kleidungen der Hof¬
beamten und Hofbedienten, deren Zahl sehr groß war, strotzten von
goldenen und silbernen Tressen. Eine prunkvolle Festlichkeit reihte
sich an die andere. Das verursachte schwere Abgaben und drückte den
Wohlstand des Landes. Das Volk aber liebte seinen ersten König
und pflegte ihn den „gütigen Herrn" zu nennen.
6. Sophie Charlotte. Wie König Friedrich I. Glanz und Pracht,
so liebte feine Gemahlin Sophie Charlotte Kunst und Wissenschaft,
besonders die Philosophie; sie wird deshalb die „philosophische Königin"
genannt.
a) Jugend. Geboren ist sie am 20. Oktober 1668 in Hannover.
Sie war eine Tochter des Kurfürsten Ernst August von Hannover
und der Sophie von der Pfalz (Tochter des Winterkönigs). Die Prin¬
zessin zeigte große geistige Anlagen, die durch eine sorgfältige Erzie¬
hung im Elternhaufe und durch geistweckende Anregungen in Paris,
wo sie sich bei einer Tante aufhielt, herrlich zur Entwicklung gelangten.
Es wurde von ihr gerühmt, daß sie einen an Kenntnissen und Ein¬
sichten so reichen Geist besessen habe, wie man selten bei einer Frau
findet. Die Liebe zur Philosophie war in ihr durch den großen Philo¬
sophen Leibniz erweckt worden, der in Hannover ihr Lehrer gewesen
war. Schon im Alter von 16 Jahren wurde sie mit dem Kurfürsten
Friedrich von Brandenburg vermählt.
b) Ihr Leben als Königin. An dem glänzenden Hofleben fand
die Fürstin keine Freude. Ihr größtes Glück war es, im Kreise geist¬
reicher Männer und Frauen über religiöse, wissenschaftliche oder Kunst¬
fragen ihre Gedanken austauschen zu können. Als die Akademie der