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Kopeke aus den Händen war. Das gute Geld war für einen
andern Gebrauch zu bestimmen, aber man kann nicht an alles
denken. Als dann endlich die Stunde der Erlösung schlug, gesellte
sich zur Freude ohne Maß der bittere Schmerz der Trennung und
zu dem bittern Schmerze die Not. Denn es sehlte an allem, was
zur Notdurft und zur Vorsorge auf eine so lange Reise in den
Schrecknissen des russischen Winters und einer unwirtlichen Gegend
nötig war, und ob auch auf den Mann, so lange sie durch Rußland
zu reisen hatten, täglich dreizehn Kreuzer verabreicht wurden, so
reichte doch das wenige nirgends hin.
12. Darum ging in diesen letzten Tagen der Schneider, sonst
so frohen, leichten Mutes, still und nachdenklich herum, als der
etwas im Sinne hat, und war wenig mehr zu Hause. „Es geht
ihm recht zu Herzen,“ sagten die rheinländischen Herren Haus⸗
freunde und merkten nichts Aber auf einmal kam er mit großen
Freudenschritten, ja mit verklärtem Antlitze zurück. „Kinder, es ist
Rat. Geld genug!“ — Was war's? Die gute Seele hatte für
zweitausend Rubel das Haus verkauft. „Ich will schon eine
Unterkunft finden,“ sagte er, „wenn nur ihr ohne Leid und Mangel
nach Deutschland kommt!“ O du heiliges, lebendig gewordenes
Sprüchlein des Evangeliums und seiner Liebe: Verkaufe, was
du hast, und gib es denen, die es bedürftig sind, so wirst du
einen Schatz im Himmel haben. Der wird einst weit oben rechts
zu erfragen sein, wenn die Stimme gesprochen hat. „Kommt, ihr
Gesegneten! Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist;
ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich gekleidet; ich bin krant
und gefangen gewesen, und ihr habt euch meiner angenommen.“ —
13. Doch der Kauf wurde, zu großem Trost für die edeln
Gefangenen, wieder rückgängig gemacht. Nichtsdestoweniger brachte
er auf andre Art noch einige hundert Rubel fuͤr sie zusammen
und nötigte sie, was er halte von kostbarem russischen Pelzwerk,
mitzunehmen, um es unterwegs zu verkaufen, wenn sie Geldes
bedürftig wären, oder einem ein Unglück widerführe. Den Abschied
will der Hausfreund nicht beschreiben. Keiner, der dabei war,
vermag es. Sie schieden unter tausend Segenswünschen und
Tränen des Dankes und der Liebe, und der Schneider gestand,
daß dieses für ihn der schmerzlichste Tag seines Lebens sei. Die
Reisenden aber sprachen uͤnterwegs unaufhörlich und noch immer
von ihrem Vater in Pensa, und als sie in Bialystock in Polen
wohlbehalten ankamen und Geld antrafen, schickten fie ihm dankbar
das vorgeschossene Reisegeld zurück. — Das war das Gotteskind,
Franz Anton Egetmeier, Schneidermeister in Asien.