Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

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VI. Leben im Hlaalen (Pakerländisches) 
189. Vaterlandsliebe. 
Friedrieh Marcinowski und Emil Frommel.* 
Bũrgerrecht und Bürgertugend. Berlin. 1895. 8. 106. 
1. Frage ein Kind: Warum liebst du deine Eltern? es wird 
dir nicht antworten: Weil sie mir viel Gutes getan — auch nicht: 
Weil es meine Pflicht ist, ihre Liebe zu vergelten — nein, es wird 
dir antworten: Weil es meine Eltern sind. Ebenso heißt es: Ich 
liebe mein Vaterland, weil es mein Vaterland ist. 
2. Aber was lieben wir an und in unserm Vaterlande? 
Zunächst doch das Land, den Boden, dem wir angehören. Hier 
hat unser väterliches Haus gestanden, hier haben wir die 
uͤnvergeßlichen Jahre unserer Kindheit verlebt, aus ihm haben wir 
die weitern Jahre hindurch all unsere leibliche und geistige 
Lebensnahrung gesogen. So sind wir hineingewurzelt und rühmen: 
Dem Land, wo meine Wiege stand, 
ist doch kein andres gleich! 
Es braucht kein paradiesisches Gefilde zu sein unsere heimatliche 
Erde, in unsern Augen ist sie doch die schönste! Der Eskimo 
hängt an seinen Schneefeldern, und er stirbt an Heimweh, wenn 
man ihn in sonnige Lande entführt, — wie die Eisblumen ver— 
gehn, wenn die Sonne darauf scheint. Der Schweizer hängt an 
seinen Bergen, und ihm wird weh ums Herz, wenn er das Alphorn 
in der Ferne hört. Der Deutsche liebt seine Hügel, seine Wälder, 
seine Wiesengründe, seine rauschenden Bäche, — nur hier ist ihm 
wahrhaft wohl. 
3. Aber die gesunde, echte Vaterlandsliebe umschließt nicht 
nur den heimischen Boden, sie umschließt auch das heimische Volk. 
Die Vaterlandsliebe ist die erweiterte Familienliebe. Wie uns 
unser Herz unwillkürlich zu jedem zieht, mit dem wir blutsverwandt 
sind, so fühlen wir mit jedem unserer Volksgenossen eine Bluts— 
verwandtschaft heraus, die uns an ihn bindet. Schon die gemeinsame 
Gesichtsbildung der Volksgenossen zieht uns an, — aber noch mehr 
die gemeinsame Sitte, am meisten die gemeinsame Sprache. Wie 
mancher hat's erlebt, wenn er im Auslande weilte, der kalte Klang 
fremder Sprache ihn umgab, — und plötzlich ein deutsches Lied, 
ein deutsches Wort an sein Ohr schlug, und ihm durchs Herz ging: 
Muttersprache, Mutterlaut, 
wie so wonnesam, so traut! 
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