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jungen Enten, die sie ausgebrütet hat, zu beobachten. Welche
Aufregung, welche Angst zeigt sie, wenn sie mit der Schar der
kleinen Enten an ein Gewässer kommt und gewahren muß,
wie diese sogleich das Wasser aufsuchen und munter darauf
umherschwimmen! Welch ängstliches Rufen, welch Locken, um
ihre Stiefkinder von dem nach ihrer Ansicht verderblichen Wasser
zu entfernen!
Als Pflegeeltern zeichnen sich namentlich die kleineren
Insektenfresser aus, die sich nicht nur der verlassenen und hilf—
losen Jungen der eigenen Art, sondern gelegentlich auch der
anderer Arten annehmen und sie wie ihre eigenen Kinder
aufziehen. Berühmt sind in dieser Hinsicht besonders die Rot—
kehlchen. Diese nehmen sich oft auch junger verwaister Körner—
fresser an, die in ihrem frühesten Alter gleichfalls auf Insekten⸗
nahrung angewiesen zu sein pflegen, wie z. B. die Lerchen.
Jungen Hänflingen oder Kanarienvögeln würde diese Gutmütig⸗
keit wenig nützen, da sie von Anfang an Pflanzenstoffe verzehren.
Weit einförmiger ist die Pflege der Nachkommenschaft bei
den Säugetieren, so aufopferungsvoll diese auch ihre Jungen
lieben. Die Ursache hiervon mag in der Gleichartigkeit der Er—
nährung zu suchen sein. Während die Vögel ausnahmlos Nester
für ihre Jungen bauen oder doch eine feste, bestimmte Brutstätte
haben, gestaltet sich die Sache bei den Säugetieren anders.
Viele von ihnen, wie Raubtiere, Insektenfresser, Nager, legen
auch Nester an, bemächtigen sich auch wohl fremder Nester oder
benutzen Fels-, Erd- oder Baumhöhlungen. Andere, wie die
Huftiere und die schwimmenden Säugetiere, haben Junge, die
schon kurze Zeit nach der Geburt imstande sind, mit selbständiger
Bewegung den Alten zu folgen. In einem dritten Falle endlich
sehen wir, daß die Mütter von Anfang an ihre Kleinen mit
sich umhertragen, bis diese eine gewisse Selbständigkeit erlangt
haben. Es sind dies die Beuteltiere.
So lehrt uns also diese Betrachtung, eine wie große Be—
deutung die Elternliebe und Elternsorge im Leben der Tiere
hat, und daß im Reiche der Tiere ebenso wie im Leben der
Menschen das Wohl und Wehe der einzelnen sich auf das
Familienleben gründet. Nach William Marshall-Terks.
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