Full text: [Stufe 2, [Schülerbd.]] (Stufe 2, [Schülerbd.])

— 311 
Hoch ragt aus schatt'gen Gehegen 
Ein schimmerndes Schloß hervor/ 
Ich kenne die Türme, die Zinnen, 
Die steinerne Brücke, das Thor 
Es schauen vom Wappenschilde 
Die Löwen so traulich mich an 
Ich grüße die asten Bekannten 
Und eile den Burghof hinan. 
Dort liegt die Sphinx am Brunnen 
Dort grünt der Feigenbaum- 
Dort hinter diesen Fenstern 
Verträumt' ich den ersten Traum. 
Ich tret' in die Burgkapelle 
Und suche des Ahnherrn Grab/ 
Dort ift's, dort hängt vom Pfeiler 
Das alte Gewaffen herab. 
Noch lesen umstort die Augen 
Die Züge der Inschrift nicht, 
Wie hell durch die bunten Scheiben 
Das Licht darüber auch bricht. 
So stehst du, o Schloß meiner Väter, 
Mir treu und fest in dem Sinn 
IXnb bist von der Erde verschwunden, 
Der Pflug geht über dich hin 
Sei fruchtbar, o teurer Boden, 
Ich segne dich nrild und gerührt 
Und fegn' ihn zwiefach, wer immer 
Den Pstug mm über dich führt. 
Ich aber will auf mich raffe::, 
Mein Saitenspiel in der Hand, 
Die Weiten der Erde durchschweifen 
Und singen von Land zu Land. 
155. Waldeinsamkeit. 
Julius Mosen. 
In dem Walde liegt mein Reich, 
Unter Tannen steht mein Pfühl/ 
Grünes Moos ist gar so weich, 
Grüner Wald ist gar so kühl! 
Vögel singen auf mich ein, 
Rehe ziehen ruhig hin, 
Alle möchten bei mir sein, 
Da ich doch ein König bin 
156. Aus dem Walde. 
Emanuel von Geibel. 
Mit dem alten Förster hellt 
Bill ich durch den Wald gegangen. 
Während hell int Festgeläut' 
Aus dem Dorf die Glocken klangen. 
Golden floß ins Laub der Tag, 
Vöglein sangen Gottes Ehre, 
Fast, als ob's der ganze Hag 
Wüßte, daß es Solmtag wäre. 
Und wir kamen ins Revier, 
Wo, umrauscht von alten Bäumen, 
Junge Stämmleill sonder Zier 
Sproßten ans besonnten Räumen. 
Feierlich der Alte sprach: , 
„Siehst du über unsern Wegen 
Hochgewölbt das grüne Dach? 
Das ist unsrer Ahnen Segen. 
Deml es gilt ein ewig Recht, 
Wo die hohell Wipfel rauschen, 
Von Geschlechte zu Geschlecht 
Geht im Wald ein heilig Tauschen. 
Was uns not ist, lills zum Heil 
Ward's gegründet von den Vätern/ 
Aber das ist unser Teil, 
Daß wir grüllden für die Spätern.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.