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und meine Kinder und alle die zu Bechlarn empfohlen sein! Weh
mir, daß ich mit meiner Treue und meinem Leben vergelten muß,
was Ihr mir gutes gethan!"
Und er ging, Leib und Seele zu wagen. Zu seinen Recken aber
sprach er: „Ihr sollt euch waffnen, alle meine Mannen! wir müssen
die kühnen Burgunden bestehen." Und sie waffneten sich und schritten
mit ihm zu dem Saal. Als Volker, der Fiedler, das sah, war es
ihm über die Maßen leid; aber der junge Giselher, da er den Mann
sich nahen sah, der ihm seine Tochter als Gemalin zugesprochen, war
von Herzen froh und sprach: „Heil uns der Freunde, die wir auf der
Reise gewannen!" „Ich weiß nicht, wes Ihr Euch getröstet," sagte
der Spielmann. „Saht Ihr denn jemals der Sühne wegen Recken
nahen mit aufgebundenen Helinen und mit Schwertern in der Hand?
Burger: und Lande will Rüdiger an uns verdienen!" Und ehe noch
Volker ausgesprochen hatte, sah mar: Rüdiger vor dem Hause stehen.
Er setzte seinen Schild vor die Füße und rief in den Saal: „Ihr
kühnen Necken aus Burgundenland, nun wehret euch des Lebens!
Wir waren Freunde, nun müssen wir leider Feinde sein." Ta
erschraken die Männer, als sie das hörten, und all ihr Trost war
dahin. „Richt wolle Gott vorn Himmel," sprach Günther, „daß Ihr
Euch feindlich an uns erzeiget und der Treue vergesset, der wir ver¬
trauten!" Und Gernot sagte: „Ich trage Eure Waffen, die Ihr mir
gegeben; mancher gute Recke liegt hier durch sie erschlagen. Wollt
Ihr uns an den Leib und schlagt Ihr meine Freunde, so nehme ich
mit Eurem Schwerte Euch das Leben." Dann sprach auch Giselher:
„Ihr gabt mir Eure Tochter zum Weibe, Markgraf Rüdiger! Wollt
Ihr sie nun verwitwen? Das ist nicht gut von Euch gethan." Und
jammernd stand der leidvolle Mann. „Weh mir!" sprach er. „Wollte
Gott, ihr wäret in eurem Land am Rheine, und ich läge hier mit
Ehren todt! Was ich nicht wollte, daß es sei, das muß nun doch
geschehen. Des Königs Weib wollte es mir nicht erlassen. Run wird
ein großes Sterben sein, so hier wie dort. Aber ich beschwöre euch
bei eurer Treue, sendet euch Gott von hinnen, laßt es mein Weib und
meine Tochter nicht entgelten." Und schon erhob er den Schild und
wollte mit den Seinigen die Stiege hinan. Da sprach Hagen:
„Verweilt noch, edler Rüdiger. Ich stehe in großen Sorgen. Mir gab
Euer Weib diesen reichen Schild, den mir die Hunnen jetzt zerhauen
haben." „So nimm den meinigen," sprach Rüdiger, „und möchtest
du ihn glücklich führen nach Burgund!" Da er so willig den Schild
ihm bot, wurden die Augen der Helden naß. Die gute Gabe bewegte