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gehöriger Fürst. Nach unendlichen Beschwerden ward am
15. Juli 1099 Jerusalem erobert; das Schwert der Obristen
wütete gleich furehtbar unter Sarazenen wie Juden; dann lobte
man den Herrn im salomonischen Tempel und wählte Gottfried
von Bouillon zum Könige, der es aber in seinem frommen Sinn
verschmähte, da die goldne Krone zu tragen, wo sein Heiland
die Dornenkrone getragen; erst sein Bruder Balduin nahm sie
an nach Gottfrieds Tode (1100). Das neu eroberte Morgen-
land glich nun einer förmlichen Niederlassung; es siedelte über,
wer sein Glück zu machen hoffte, und frommer Sinn wie Lust
zu Abenteuern zog manchen Fürsten und Ritter einzeln oder
in größerer Begleitung zu einer Fahrt ins heilige Land. Be—
sonders aber beuteten die italionischen Städte, Genua, Pisa,
Venedig, die neue Handelsverbindung aus. 80 entstand nun
gin reger Verkehr zwischen dem reichen, kunstfertigen Morgen-
lande und dem ihm noch weit nachstehenden Abendlaudoe.
Kõöstliche Gewebe, seidene Stoffe, feine Waffen, edle Gewürze
und dergleichen bot der Orient, bald lernte man sie im Abend-
lande kennen, und das 12. und 13. Jahrhundert bezog seine
glänzende, zum ritterlichen Leben gebörende LKleiderpracht vor
allem aus diesen Quellen. Bald vubte aueh der christliche
Ritter die Tapferkeit und Gastfreiheit, manchmal auch den
Edelmut des Sarazenen zu ehren; er lebte wohl, war er flüchtig
oder verbannt, am prächtigen Hofé eines muhamedanischen
Fürsten, und so bildete sieh das echt ritterliche Verbältnis
gegenseitiger Achtung von Feind gegen Feind, — ja, der stolze
Christ begann zu prũfen, worin er dem Heiden vor- oder nach-
stand. Saladin, der 1187 Jerusalem wieder eroberte, erwarb
durch seine Milde, Freigebigkeit und seinen Edelmut selbst die
Bewunderung abendländischer Könige, wie deutscher und fran
zösischer Mnnesänger. — Besonders Italien gewann an Reich-
tum und Glanz des Lebens, bald auch an Lgeistiger Bildung
durch den Verkebr mit den Sarazenen; so bekam man u. a.
die Mathematik und Irzneikunde von ihnen. Lber freiich
drangen nun auch die Pebler der mubamedaniscben Religion,
Genubsucht und irdiechor Sinn, in die Gemüter. Davuid Nüller.
140. Gottes Gebote sind nicht schwer.
Am Ende ist's doch gar nicht schwer, ein sel'ger Mensch zu sein:
man giebt sich ganz dem Herren her und hängt an ihm allein.
Man ist nicht Herr, man ist nicht Knecht, man ist ein fröhlich Kind
und wird stets sel'ger, wie man recht den Herren lieb gewinnt.
Man wirkt in stiller Thätigkeit und handelt ungesucht,
gleich wie ein Baum zu seiner Zeit von selbst bringt Blüt' und Frucht.
Man sieht nicht seine Arbeit an als Müh', vor der uns bangt;
der Herr hat ftels in uns gethan, was er von uns verlangt.