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erzeigen, 's war doch sonst wie Jahrmarkt hier;
jetzt ist der ganze Anger wie verödet,
seitdem der Popanz auf der Stange hängt.
L e u t h o l d. Nur schlecht Gesindel läßt sich sehn und schwingt
uns zum Verdrieße die zerlumpten Mützen.
Was rechte Leute sind, die machen lieber
den langen Umweg um den halben Flecken,
eh sie den Rücken beugten vor dem Hut.
Frießhard. Sie müssen über diesen Platz, wenn sie
vom Rathaus kommen um die Mittagstunde.
Da meint ich schon, 'nen guten Fang zu tun;
denn keiner dachte dran, den Hut zu grüßen.
Da sieht's der Pfaff, der Rösselmann — kam just
von einem Kranken her — und stellt' sich hin
mit dem Hochwürdigen, grad vor die Stange;
der Sigrist mußte mit dem Glöcklein schellen;
da fielen all aufs Knie, ich selber mit,
und grüßten die Monstranz, doch nicht den Hut.
L e u t h o l d. Höre, Gesell, es fängt mir an zu beuchten,
wir stehen hier am Pranger vor dem Hut;
's ist doch ein Schimpf für einen Reitersmann,
Schildwach zu stehn vor einem leeren Hut,
und jeder rechte Kerl muß uns verachten.
Die Reverenz zu machen einem Hut,
es ist doch, traun! ein närrischer Befehl.
Frießhard. Warum nicht einem leeren, hohlen Hut?
Bückst du dich doch vor manchem hohlen Schädel.
Teil mit der Armbrust tritt auf, seinen Knaben an der Hand führend. Sie gehen an
dem Hut vorbei, ohne darauf zu achten.
Walter. Vater, ist's wahr, daß auf dem Berge dort
die Bäume bluten, wenn man einen Streich
drauf führte mit der Axt?
T e l l. Wer sagt das, Knabe?
Walter. Der Meister Hirt erzählt's. Die Bäume seien
gebannt, sagt er, und wer sie schädige,
dem wachse seine Hand heraus zum Grabe.
Teil. Die Bäume sind gebannt, das ist die Wahrheit.
Siehst du die Firnen dort, die weißen Hörner,
die hoch bis in den Himmel sich verlieren?
Walter. Das sind die Gletscher, die des Nachts so donnern
und uns die Schlaglawinen niedersenden.