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Ludwig Uhland: Die Schlacht bei Döffingen.
sprünglich Knabe, dann Mann, Held, ist erst im 18. Jahrhundert wieder
in die Sprache neu eingeführt. Str. 15: Für den Wunnensteiner war
die ganze Episode nichts als ein „lustiger Streich"; Kampf ist sein Leben
— echtdeutsche Schwertfreude! — „Aus Haß der Städte" ist „schöne alt¬
deutsche Wendung. Gemeint ist . . .: wegen des Hasses, der zwischen
mir und den Städten besteht" (Lyon, Die Lektüre als GrundlageI, 381).
— „Es steht im alten Recht" — ein Ausdruck, den Uhland in seiner
Quelle fand — heißt soviel wie: „Für uns gilt der alte Prozeß, der
alte Rechtsstreit, in dem wir mit einander liegen" (Lyon a. a. £>.).
Str. 16: In der Schlacht mußte um des höheren Zweckes willen der
persönliche Schmerz des Vaters niedergekämpft werden; nach der Schlacht,
in der Stille, die dem Schlachtenlärm folgt, kommt er zum Ausbruch.
Wie zart aber schildert der Dichter den Schmerz des Mannes! Er
läßt ihn das Gesicht verhüllen, so daß niemand sehen oder hören kann,
ob er weint; der stärkste Schmerz ist ja oft auch thränenlos. Auch von
den Gedanken, die wohl des Grafen Herz durchzogen, sagt uns der Dichter
nichts; dem Hörer liegt es nahe, dieses Zusammensein von Vater und
Sohn mit dem in 6 21 geschilderten zu vergleichen. Wie tief
des Vaters Schmerz war, deutet uns der Dichter durch den Zusatz „des
einz'gen Sohns" und durch die Thatsache an, daß Eberhard die ganze
Nacht an der Totenbahre weilt. Str. 17: Zu Troß vgl. S. 304!
Zuffenhausen ist ein Dorf etwas nördlich von Stuttgart; der Hirt ist
also seinem Landesherrn über Stuttgart hinaus entgegen gelaufen. Str. 18:
„nächt", erstarrter Dat. Sing. — gestern Abend, ist aus der Sprache des
16. und 17. Jahrhunderts vom Dichter wieder aufgenommen worden.
— Trieb (von treiben) ----- Herde. — Der Ausdruck „holt sich Kochfleisch"
entspringt aus der Vorstellung, die der Vorname Wolf erweckt, wie A 8
und 9. Wie die Katze das Mausen nicht läßt, so der Wolf nicht das
Rauben; es ist eben seine angeborene Art. Dieser Gedanke in Verbindung mit
der Erinnerung an des Wunnensteiners Waffenhilfe entlockt ihm ein Lächeln
und das sehr milde Urteil. Str. 19: In den Rahmen des freundlichen
Landschaftsbildes paßt der schmucke Edelknabe, muß auch die Kunde passen,
die er bringt. Str. 20: Märe (davon Märchen) — Kunde; vgl. Luther:
Vom Himmel hoch, da komm' ich her und bring' euch neue, gute
Mär. — Antonia war vermählt mit Eberhard, dem Sohn des gefallenen
Grasen Ulrich, dem Enkel des alten Greiners; dieser Eberhard folgte seinem
Großvater 1392 in der Regierung. — „Samen" steht hier für Nach¬
kommenschaft. — Mit einem Lobpreis Gottes schließt — fast in mittel¬
alterlicher Weise — der Liederkreis ab.
III. Vertiefung. 1. Gliederung. A. Str. 1—6: Kampfplatz
und Kämpfer. (Der Kampf um den Döffinger Kirchhof, Graf Eber¬
hards Hülfszug, des Wolfs von Wunnenstein zurückgewiesenes Anerbieten,
Graf Ulrichs Zorn und Gelöbnis). B. Str. 7—13: Die Schlacht bei
Döffingen. (Graf Ulrichs Kampf und Tod, Eberhards Kriegslist und
ihre Wirkung auf die Feinde, des Wunnensteiners entscheidendes Ein¬
greifen und die Niederlage der Städter, das Schlachtfeld). 0. Str. 14—20: