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Blätter und Blüten einige Wochen früher, die Früchte stehen mehr
einzeln an längeren Stielen und kommen schon im September und
Oktober zur Reife. Die Rinde ist auswendig schwärzlich und mit
weifsem Schimmel überzogen; das Holz ist blasser, als von jener,
und wird im Alter etwas schwärzlich.
Die Wurzeln der Eichen verbreiten sich sehr weit in die Erde,
und diese bekommen dadurch einen festen und sichern Stand. Ihr
Stamm wächst sehr gerade und erreicht eine ansehnliche Höhe.
Die Äste sind gewöhnlich sehr stark, breiten sich weit aus und
stehen in grossen Winkeln vom Stamme ab. Ihre Blätter sind gross,
stark ausgeschweift, stehen büschelweise zusammen und haben eine
dunkelgrüne Farbe, an welcher man die Eichenwälder schon von
weitem erkennen kann. Ihre Früchte, die Eicheln sind rund und
haben einen sehr herben Geschmack. Am besten gedeihen die Eichen
in hochgelegenen, nur wenig feuchten Wäldern. Ihre starke Aus¬
dünstung macht, dass sie häufig vom Blitze getroffen werden.
Die Eichen wachsen sehr langsam, erreichen aber auch ein
ungeheures Alter. Unter zwei- bis dreihundert Jahren wird ihr voll¬
kommenes Wachstum nicht vollendet. Dagegen werden sie aber
auch fünfhundert Jahre alt, ja man hat Beispiele von Eichen, die
gewiss wenigstens tausend Jahre alt waren.
Den grössten Nutzen gewährt die Eiche durch ihr Holz. Weil
es sehr fest ist und der Fäulnis vorzüglich gut widersteht, so
braucht man es mit Vorteil zum Bauen, besonders zu solchen
Dingen, welche der Einwirkung der Lust und des Wassers sehr
ausgesetzt sind, wie zu Brückenpfeilern, Mühlwellen u. dgl. Man
verfertigt auch davon sehr dauerhaftes und schönes Hausgerät.
. Ehrhardt.
3. Die Edeltanne.
(Naturfinnige Beschreibung.)
Wie der Fürst Teutobach über alle seine Gefährten hervorragte
und der König Saul eines Kopses Länge größer war, als das übrige
Volk, so zeigt auch die Edeltanne ihr edleres Blut durch ihre gewal¬
tige Höhe, welche kein anderer Baum zu erreichen vermag. Sie ist
die nordische Palme; vor ihr müßte sich selbst die majestätische Eiche
demütigen, wenn diese nicht in der Breite mächtiger und stärker wäre;
denn während die Eiche ca. 40 m. hoch wird, erreicht die Tanne eine
Höhe von ca. 60 m. Es ist etwas Schönes und Herrliches um diesen
hohen, stolzen, schlanken Wuchs, und man wird hingerissen zur Be¬
wunderung jener Macht, welche aus dem kleinen geflügelten Samen¬
kern, noch nicht so groß als eine Linse, eine solche Riesenpflanze zu
bilden vermag. Die Menschen haben aber auch Respekt vor einer sol¬
chen Tanne und hauen sie nicht, wie die Eiche oder Buche, in Stücke,
sondern nehmen ihr nur die Äste, damit sie glatt und schlank dastehen
möge als ein kräftiger Mastbaum, der den Meeresstürmen widersteht und
das schwere Segel zu tragen vermag. Freilich widersährt solche Ehre
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