Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

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Einst einer von euch allen, 
Wenn er so altergrau, 
Wird, wie ich falle, fallen, 
Gibt Stoff zu anderm Bau, 
Da wohnen wird und wachen 
Ein Fürst auf deutscher Flur; 
Dann wird mein Holz noch krachen 
Im Bau der Präfektur." 
Rückert. 
115. Die hohle Weide. 
Der Morgentau verstreut im Thalc Sie weichen auseinander immer, 
Sein blitzendes Geschmeide, Und wer sie sieht, der schwöret, 
Da richtet sich im ersten Strahle Es haben diese Stämme nimmer 
Empor am Bach die Weide. Zu einem Stamm gehöret. 
Im Nachttau ließ sie niederhangen Doch wie die Lüfte drüber rauschen, 
Ihr grünendes Gefieder, So neigen mit Geflüster 
Und hebt mit Hoffnung und Verlangen Die Zweig' einander zu und tauschen 
Es nun im Frührot wieder. Noch Grüße wie Geschwister; 
Die Weide hat seit alten Tagen Und wölben überm hohlen Kerne 
So manchem Sturm getrutzet, Wohl gegen Sturmes Wüten 
Ist immer wieder ausgeschlagen, Ein Obdach, unter welchem gerne 
So oft man sie gestutzet. Des Liedes Tauben brüten. 
Es hat sich in getrennte Glieder Soll ich, o Weide, dich beklagen, 
Ihr hohler Stamm zerklüftet, Daß du den Kern vermissest, 
Und jedes Stämmchen hat sich wieder Da jeden Frühling auszuschlagen 
Mit eigner Bork umrüstet. Du dennoch nie vergissest? 
Du gleichest meinem Vaterlande, 
Dem tief in sich gespaltnen, 
Von einem tiefern Lebensbande 
Zusammen doch gehaltnen. 
R ü ck e r t. 
116. Die Schlacht bei Leuthen, den 5. Dezember 1757. 
Während Friedrich der Große die Schlacht bei Roßbach schlug und 
die Feinde aus Sachsen vertrieb, war bei Moys der General Winterfeld 
gefallen, die Festung Schweidnitz an den General Nadasti übergegangen, 
der Herzog von Bevern gefangen genommen, Breslau dem österreichischen 
Heere übergeben worden, und Schlesien schien für den König verloren. 
In solchen, fast verzweiflungsvollen Augenblicken hat Friedrich am glän¬ 
zendsten die Größe seines Geistes, den Reichtum seiner Entwürfe und 
die unwiderstehlichste Gewalt dargethan, womit er die Gemüter der Sei- 
nigen lenkte. Er berief seine Heerführer und Befehlshaber zusammen 
und hielt ihnen mit seelenvoller Beredsamkeit eine Rede, welche sie zu 
der größten Begeisterung entflammte. Er zeigte ihnen die gefährliche 
Lage des Vaterlandes, ja die ganz verzweifelte, wenn er nicht von ihrem 
Mute noch Rettung erwarte. — „Ich weiß, Sie alle fühlen, daß Sie 
Preußen sind", so schloß er; „ist aber einer unter Ihnen, der sich fürchtet, 
solche Gefahren mit mir zu teilen, der kann noch heute seinen Abschied
	        
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