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Das ist des Deutschen Vaterland,
Wo Zorn vertilgt den welschen Tand,
Wo jeder Franzmann heißet Feind, -
Und jeder Deutsche heißet Freund, —
Das soll es sein,
Das ganze Deutschland soll es sein!
Das ganze Deutschland soll es sein,
O Gott vom Himmel, sieh darein,
Und gieb uns rechten, deutschen Mut,
Daß wir es lieben treu und gut,
Das soll es sein,
Das ganze Deutschland soll es sein!
Arndt.
7. Die alten Deutschen.
In uralten Zeiten, wohl viele Jahrhunderte vor Christi Geburt,
erhoben sich rüstige Stämme eines kühnen Hirtenvolkes im Morgen¬
lande und zogen mit Herden und Waffen aus ihrer Heimat fort.
Von dem Kaukasus stiegen sie nieder an das Schwarze Meer, in
welches die gewaltigen Ströme münden, der Don, der Dniepr und
die Donau; diese zeigten den Wanderern die Wege in die Länder
gen Sonnenuntergang und gen Mitternacht. Da kamen ihrer viele
in einen ungeheuern Wald; wohl manche Tagereise lang zogen sie
darin weiter und nach allen Richtungen umher, und konnten sein
Ende doch nicht finden. Breite Flüsse durchschnitten die Wildnis,
die meisten rollten von Mittag gen Mitternacht. Auch an unerme߬
liche Sümpfe kamen die Wanderer; darin hauste furchtbar Gewürm,
das sie erschlugen. Aus den finstern Bergschluchten sprangen ihnen
der riesige Ur und das Elentier, der Wolf und der Bär entgegen;
im Kampfe mit solchen Heldentieren erprobten sie freudig ihre Kraft.
Auf den Triften aber, die dem Sonnenlichte offen dalagen, weideten
kleine wilde Rosse im hohen Grase; die fingen sie listig und ge¬
wandt, schwangen sich drauf und tummelten sie. Welche von den
Einwanderern bis an die Meeresküste der Ostsee drangen, die fan¬
den dort den goldglänzenden Bernstein, den die Wellen bei Nord¬
oder Westwind ihnen zuwarfen; welche tiefer inmitten des Landes
hinzogen, die entdeckten reiche Salzquellen, deren Flut sie auf glü¬
hende Kohlen gossen, so gewannen sie Würze zum Schmause des
erlegten Wildes.
So rauh dies Land war, — dem kernhaften Volke gefiel's;
nichts auf der Welt ging ihm über die Freiheit; in diesen Wäl¬
dern und Bergschluchten schien sie ihm am besten geborgen. Und so
blieben denn die einzelnen Stämme auf den weiten Länderstrecken
als auf ihrem Eigentume; und jeder einzelne Hausvater baute sich,
fern von den anderen, aus gewaltigen Stämmen schlicht und recht
das Haus und umgab den Hofraum mit Psahlwerk; das war nun
sein und der Seinigen unverletzliches Heiligtum, und er waltete
drin nach alter Sitte wie ein Priester, Richter und Fürst seiner
Familie. Solch ein freies, festes Gut, das dem Geschlechte durch
Erbschaft der Sohne verblieb, war ein Allod.
So lieb war dem fremden Volke von Geschlecht zu Geschlecht
die neue Heimat geworden, daß es allmählich die Erinnerung an