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und rufe selbst das Unglück her;
und was von allen deinen Schätzen
dein Herz am höchsten mag ergötzen,
das nimm und wirf's in dieses Meer!"
13. Und jener spricht, von Furcht
beweget:
„Von allem, was die Insel heget,
ist dieser Ring mein höchstes Gut.
Ihn will ich den Erinnen weihen,
ob sie meinGlückmir dann verzeihen."
Und wirft das Kleinod in die Flut.
14. Und bei des nächsten Morgens
Lichte,
da tritt mit fröhlichem Gesichte
ein Fischer vor den Fürsten hin.
„Herr, diesen Fisch hab' ich gefangen,
wie keiner noch ins Netz gegangen;
dir zum Geschenke bring' ich ihn."
15. Und als der Koch den Fisch
zerteilet,
kommt er bestürzt herbeigeeilet
und ruft mit hocherstauntem Blick:
„Sieh, Herr, den Ring, den du ge¬
tragen,
ihn fand ich in des Fisches Magen,
o, ohne Grenzen ist dein Glück!"
16. Hier wendet sich der Gast mit
Grausen:
„So kann ich hier nicht ferner hausen,
mein Freund kannst du nicht weiter
sein.
Die Götter wollen dein Verderben;
fort eil' ich, nicht mit dir zu sterben."
Und sprach's und schiffte schnell
sich ein.
Friedrich (tz.) Schiller.
7. Sokrates.
Der weise Sokrates, dessen edle Sittenreinheit dem ganzen Alter¬
tume als leuchtendes Muster galt, wurde im Jahre 449 v. Chr. in
Athen geboren. Er war der Sohn eines Bildhauers und erlernte
als Knabe die Kunst seines Vaters. Aber schon in frühen Jahren
wandte er sich den Wissenschaften zu und saß als Schüler zu den
Füßen der gelehrtesten und weisesten Männer, welche damals unter
Perikles in Athen lebten. Doch hinderte ihn das nicht, auch an den
Kämpfen für sein Vaterland teilzunehmen, und mehr als einmal
stand er in den Reihen der Streitenden, vor allen hervorragend
durch Mut und persönliche Tapferkeit. Bei einer solchen Gelegen¬
heit war es, wo er dem Alcibiades das Leben rettete und sich
dadurch die innigste Liebe des Jünglings erwarb.
Als er selbst lehrend in Athen auftrat, versammelten sich die
besten Jünglinge der Stadt um ihn und hörten begierig seinen weisen
Lehren zu. Er suchte sich seine Schüler oft selber auf und veranlaßte
sie, ihm zu folgen. So begegnete er einst dem jungen Xenophon.
Er hielt ihn mit seinem Stabe auf und fragte ihn, ob er wohl wisse,
wo man diese und jene Waren kaufe. Verwundert gab der Jüngling
die verlangte Antwort. „Weißt du denn auch," fragte Sokrates
weiter, „wo die Menschen zur Tugend herangebildet werden?" Xeno¬
phon stutzte und vermochte die Frage nicht zu beantworten. „Folge
mir, und du wirst es lernen!" entgegnete Sokrates, und Xenophon
wurde einer seiner besten Schüler. Auch ihm hat der edle Mann
während einer Schlacht das Leben gerettet.