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Stellen wir uns auf den Standpunkt der Beobachtung, so er¬
scheint uns der Himmel als ein großes, blaues Gewölbe, das auf
den äußersten Rändern der Erdscheibe aufliegt, und an dessen innerer
Wölbung die Sterne gleich goldenen Nägeln befestigt sind. Einige
dieser Himmelslichter funkeln in einem Glanze, der alles übertrifft,
was wir auf Erden kennen; andere leuchten in einem milderen,
sanfteren Lichte, ohne Strahlenblitze; wieder andere, und zwar schon
eine beträchtlich größere Anzahl, glänzen in einem stufenweise ge¬
ringeren Grade, jedoch immer noch dem Auge unterscheidbar. Bei
weitem die meisten aber senden aus den unabsehbaren Fernen des
Weltraumes nur einen blassen Schimmer, der in uns die Ahnung
erweckt, als ob sie an diesen Stellen des Himmels schichtenweise
hintereinander ständen. Auch die Farbe der Sterne erscheint einem
scharfen Auge verschieden. Zwar leuchtet der größere Teil derselben
in einem weißlichen oder gelben Lichte, aber viele haben auch einen
rötlichen, bläulichen, goldfarbenen oder grünlichen Schimmer. Alle
scheinen in größter Unregelmäßigkeit am Firmament verteilt zu sein;
denn während sie an einigen Stellen desselben vereinzelt stehen,
bilden sie an andern größere oder kleinere Gruppen, und in einer
Gegend des Himmels, der sogenannten Milchstraße, stehen sie so
dicht gedrängt, daß sie gleichsam wie ein großer, breiter Lichtgürtel
das Gewölbe desselben zu umziehen scheinen.
Der Eindruck der Ruhe und Unbeweglichkeit, den der Stern¬
himmel beim ersten Anblick auf unser Auge macht, zeigt sich indessen
bei fortgesetzter Beobachtung als eine Täuschung. Denn wenn wir
uns einzelne Gegenstände auf der Erde, z. B. einen Berggipfel oder
eine Turmspitze, über denen wir gewisse Sterne erblicken, genau
merken, so werden wir schon nach Verlauf einer Viertelstunde wahr¬
nehmen, daß diese Sterne in der Richtung von Osten nach Westen
von ihnen weggerückt sind. In gleicher Weise, wie die Sonne auf¬
geht, ihren Himmelspfad wandelt und untergeht, so sehen wir auch
das Heer der Sterne am östlichen Horizonte emporsteigen, in ruhigem,
stets gleichmäßigem Laufe einen Bogen am Himmel beschreiben und
sich dann im Westen wieder unter den Gesichtskreis hinabsenken. Am
folgenden Tage, um die nämliche Stunde, erblickt man sie wieder an
derselben Stelle des Osthimmels, und sie wiederholen auf die nämliche
Weise denselben Lauf. Sie müssen also in der Zeit, in der sie un¬
sichtbar waren, unter unseren Füßen herumgegangen sein; und so hat
es den Anschein, als ob Sonne, Mond und Sterne sich in Zeit von
vierundzwanzig Stunden in der Richtung von Osten nach Westen
rings um die Erde bewegten, und zwar so, daß dabei kein Stern
seine Stellung gegen den andern verändert.
Diese allgemeine Erscheinung des Sternenlaufes erleidet jedoch
bei fortgesetzter Beobachtung mancherlei Ausnahmen. Hierher gehören
zunächst eine große Menge Sterne am nördlichen Himmel. Diese
gehen nämlich in unseren Gegenden gar nicht auf und unter, sondern