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Sänger in der Form gegen die Gesetze der Tabulatur und im
Inhalte gegen die Erzählung der Bibel und der Heiligengeschichte
begingen.
(Als der Kaiser mit seinem Gefolge erschien, geriet alles in
lebhafte Bewegung! Ein greiser Meister betrat dgp, Singestuhl,
und vom Gemerke erscholl das Wort: Fanget an! - Es war Kon¬
rad Nachtigal, ein Schlosser, der so sehnsüchtig und klagend
sang, daß er seinen Namen wohl mit Recht führte! Von dem
himmlischen Jerusalem sagte er viel Schönes in gar köstlichen
Reimen und Redensarten. Auf dem Gemerke las einer in der
Bibel nach, ein anderer zählte die Silben ab, und der dritte schrieb
auf, was die beiden anderen ihm von Zeit zu Zeit zuflüsterten.
Nach dem Meister Nachtigal kam die Reihe an einen Jüngling,
Fritz Kothner, einen Glockengießer; der hatte die Schöpfungs¬
geschichte zum Gegenstände seines Gedichtes gewählt. Aber da
er verlegen war, mußte er bald den Singestuhl verlassen; denn
er hatte sich versungen, ein „Laster“ begangen. Mit diesem
Namen belegten die Kenner der Tabulatur einen Verstoß gegen
die Reime. Dergleichen wunderliche Benennungen für Fehler
gab es viele, als „blinde Meinung“, „Klebsilbe“, „falsche Blumen“;
auch die Bezeichnung der Tonweisen war absonderlich, so gab
es eine „Schwarztintenweise, Vielfraß weise“ usw. In der Hage-
blütweise ließ sich nun vom Singestuhl herab Leonhard Nunnen-
beck, der Weber, vernehmen, ein ehrwürdiger Greis in schwarzem
Gewände. Sein Kopf war glatt, und nur das Kinn schmückte
ein schneeweißer Bart. l Alles bewunderte ihn, als er nach der
Offenbarung Johannis den Herrn beschrieb, an dessen Stuhl der
Löwe, Stier, Adler und der Engel ihm Breis und Dank gaben,
der da thronet von Ewigkeit zu Ewigkeit.; Als Nunnenbeck
endigte, da waren alle voller Entzücken, und namentlich leuchtete
aus seines Schülers Hans Sachsens Gesicht helle Freude. Als
vierter und letzter Sänger trat wieder ein Jüngling auf. Er
gehörte auch zur Weberzunft und hieß Michael Behaim. Sein
Gedicht war gar sinnreich und hatte kunstvolle Reime. Als er
geendet, verließen die Merker ihren Sitz. Der erste Merker trat
zu Nunnenbeck, und mit schmeichelhaftem Glückwunsch hing er ihm
den Davidsgewinner um, eine goldene Kette mit vielen Schmuck¬
stücken. Der zweite Merker zierte Behaims Haupt mit einem
Kranze, der ihm wohl stand. Diese Gaben waren aber nicht
Geschenke, sondern nur Auszeichnungen für die Feier des Tages.
Nach der Feier in der Kirche begab man sich in eine nahe
Schenke, in der nun frohe Ungebundenheit herrschte. Hier
wurde der Wein getrunken, den der eine zur Buße, wie Meister
Kothner, der andere zur Ehre, wie Meister Behaim, der zum
erstenmal begabt worden , war, hergeben mußte. Mitten auf der
Tafel stand ein Weinfäßchen, und einer der Meister hatte das