Full text: Für die oberste Stufe (Teil 3, [Schülerbd.])

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in denen sich die halbe Christenheit gegen ihn vereinte, den Erfolg verfehlten. 
Die Zuversicht des Königs war benn auch seit dem letzten Frieden um das Dop— 
pelte gewachsen: das Schiedsrichteramt über die europäischen Angelegenheiten war 
das Geringste, was er in Anspruch nehmen zu dürfen glaubte. Er verbot dem 
deutschen Reiche die Verbesserung seines Kriegswesens, untersagte England und 
Holland ein Bündnis zu schließen, führte die Bestimmungen des letzten Friedens 
nicht aus und zwang die zehn Reichssiädte im Elsass, ihm den Eid der Treue zu 
leisten und das kaiserliche Wappen zu entfernen. Wahrend ganz Europa sich des 
allgemeinen Friedens zu erfreuen hoffte, schritt er ohne Bedenken zu neuen Ge— 
waltthaten. Unklare Bestimmungen des westfälischen Friedens benutzend, setzte 
er vier sogenannte Reunionskammern Wiedervereinigungskammern) zu Metz, 
Besangon, Breisach und Tournai ein, um alle Landesteile, die jemals 
mit den Erwerbungen der letzten Kriege, mit den 8 lothringischen Bisthümern, der 
Freigrafschaft Burgund u. a. im Lehnsverbande gestanden hatten, unter dem Schein 
des Rechtes mit Frankreich zu vereinigen. Die lothringischen Bischöͤfe, Geschöpfe 
von Ludwigs Hand, hatten ein langes Verzeichnis von. Inhabern solcher Güter, 
die ihren Kirchen entrissen wären, und von Lehnsleuten, die ihre Pfüchten verges⸗ 
sen hätten, vorgelegt. Darauf gestützt lud das Parlament von Metz, als sei es 
ein europäischer Gerichtshof, die einen zur Verantwortung vor und forderte die 
andern, wer sie auch sein mochten, auf, dem Könige als hrem einzigen und recht— 
mäßigen Oberherrn zu huldigen. Zu diesen gehörten der König von Schweden, 
der Prinz von Oranien, die Herzöge von Lothringen, die Pfalzgrafen von Zwei 
brücken, die Grafen von Salm, selbst der Herzog von Würtemberg als Inhaber 
der Grafschaft Mümpelgard, die einft zur Freigrafschaft gehört hatte. Die Kam⸗ 
mer von Tournai nahm das ganze Herzogthum Luxemburg für Ludwig in Anspruch. 
Alle im Elsass begüterten Reichsunmittelbaren, Fürsten, Stände, Ritterschaften, wurden 
für Lehnsleute Frankreichs erklärt, überall das französische Wappen angeschlagen 
und von Herren und Unterthanen der Eid der Treue verlangt. Aus Furcht vor 
der drohenden Gewalt fügten sich die meisten diesen unerhörten Zumuthungen. 
Der Bischof von Straßburg, Egon von Fürstenberg, der schon lauge im 
Solde Frankreichs stand, hatte das erste freiwillige Beispiel der Unterwerfung ge⸗ 
geben, das balbd Nachahmung fand. Was that nun das Reich und der Kaiser 
angesichts eines solchen unerhörten Vorgehens? Ohne Zusammenhang, ohne Kraft 
und Lust sich zu bewegen, erhob es sich nur zu ohnmächtigem Widerspruch. Ver— 
gebens mahnten die Stimmen patriotischer Dichter zu kräfliger Abwehr: 
Nun ist es Zeit zu wachen, 
eh' Deutschlands Ehre stirbt 
und in dem weiten Rachen 
des Krolodils verdirbt. 
Herbei, dass man die Kröten 
die unsern Rhein betreten, 
mit aller Macht zurücke 
zur Saon' und Seine schicke. 
Ueber lauter nichtige Fragen verlor man auf dem Reichstage zu Regens⸗ 
burg die kostbare Zeit. Während die kurfürstlichen und fürstlichen Abgesandten 
sich stritten, ob erstere auf purpurnem, letztere auf grünem Sammet sitzen, welche 
mit goldenen Messern und Gabeln und welche nur mit silbernen speisen sollten, 
führte Ludwig mit der unbefangensten Miene von der Welt einen neuen Schlag, 
der alle vorhergegangenen Gewallnbaten überbot. 
Deutsches Lesebuch. III.
	        
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