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in denen sich die halbe Christenheit gegen ihn vereinte, den Erfolg verfehlten.
Die Zuversicht des Königs war benn auch seit dem letzten Frieden um das Dop—
pelte gewachsen: das Schiedsrichteramt über die europäischen Angelegenheiten war
das Geringste, was er in Anspruch nehmen zu dürfen glaubte. Er verbot dem
deutschen Reiche die Verbesserung seines Kriegswesens, untersagte England und
Holland ein Bündnis zu schließen, führte die Bestimmungen des letzten Friedens
nicht aus und zwang die zehn Reichssiädte im Elsass, ihm den Eid der Treue zu
leisten und das kaiserliche Wappen zu entfernen. Wahrend ganz Europa sich des
allgemeinen Friedens zu erfreuen hoffte, schritt er ohne Bedenken zu neuen Ge—
waltthaten. Unklare Bestimmungen des westfälischen Friedens benutzend, setzte
er vier sogenannte Reunionskammern Wiedervereinigungskammern) zu Metz,
Besangon, Breisach und Tournai ein, um alle Landesteile, die jemals
mit den Erwerbungen der letzten Kriege, mit den 8 lothringischen Bisthümern, der
Freigrafschaft Burgund u. a. im Lehnsverbande gestanden hatten, unter dem Schein
des Rechtes mit Frankreich zu vereinigen. Die lothringischen Bischöͤfe, Geschöpfe
von Ludwigs Hand, hatten ein langes Verzeichnis von. Inhabern solcher Güter,
die ihren Kirchen entrissen wären, und von Lehnsleuten, die ihre Pfüchten verges⸗
sen hätten, vorgelegt. Darauf gestützt lud das Parlament von Metz, als sei es
ein europäischer Gerichtshof, die einen zur Verantwortung vor und forderte die
andern, wer sie auch sein mochten, auf, dem Könige als hrem einzigen und recht—
mäßigen Oberherrn zu huldigen. Zu diesen gehörten der König von Schweden,
der Prinz von Oranien, die Herzöge von Lothringen, die Pfalzgrafen von Zwei
brücken, die Grafen von Salm, selbst der Herzog von Würtemberg als Inhaber
der Grafschaft Mümpelgard, die einft zur Freigrafschaft gehört hatte. Die Kam⸗
mer von Tournai nahm das ganze Herzogthum Luxemburg für Ludwig in Anspruch.
Alle im Elsass begüterten Reichsunmittelbaren, Fürsten, Stände, Ritterschaften, wurden
für Lehnsleute Frankreichs erklärt, überall das französische Wappen angeschlagen
und von Herren und Unterthanen der Eid der Treue verlangt. Aus Furcht vor
der drohenden Gewalt fügten sich die meisten diesen unerhörten Zumuthungen.
Der Bischof von Straßburg, Egon von Fürstenberg, der schon lauge im
Solde Frankreichs stand, hatte das erste freiwillige Beispiel der Unterwerfung ge⸗
geben, das balbd Nachahmung fand. Was that nun das Reich und der Kaiser
angesichts eines solchen unerhörten Vorgehens? Ohne Zusammenhang, ohne Kraft
und Lust sich zu bewegen, erhob es sich nur zu ohnmächtigem Widerspruch. Ver—
gebens mahnten die Stimmen patriotischer Dichter zu kräfliger Abwehr:
Nun ist es Zeit zu wachen,
eh' Deutschlands Ehre stirbt
und in dem weiten Rachen
des Krolodils verdirbt.
Herbei, dass man die Kröten
die unsern Rhein betreten,
mit aller Macht zurücke
zur Saon' und Seine schicke.
Ueber lauter nichtige Fragen verlor man auf dem Reichstage zu Regens⸗
burg die kostbare Zeit. Während die kurfürstlichen und fürstlichen Abgesandten
sich stritten, ob erstere auf purpurnem, letztere auf grünem Sammet sitzen, welche
mit goldenen Messern und Gabeln und welche nur mit silbernen speisen sollten,
führte Ludwig mit der unbefangensten Miene von der Welt einen neuen Schlag,
der alle vorhergegangenen Gewallnbaten überbot.
Deutsches Lesebuch. III.