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134. Der Schlaf ist halber Tod, der
Tod die längste Ruh',
Je mehr du schläfst, je minder lebest du!
135. Die Sünde gleicht dem Schlan¬
genstich,
Er schmerzt nicht, aber tödtet dich.
Kaug.
136. Drei Srerne weiß ich, welcheLicht
Den letzten Nächten spenden;
Sie leuchten still, sie prahlen nicht,
Es ist kein eitel Blenden.
Das Dunkel lastet tief und schwer,
Was lindert deine Scheue?
Die Sonn' erlosch, doch nimmermehr
Der Stern der Muttertreue.
Im Abgrund irrst du, siehst ihn nicht,
In Finsterniß verborgen;
Wer zeigt ihn dir, aus Wolken bricht —
Der Stern der Muttersorgen.
Wenn alle Welt den Armen läßt,
Und wenn kein Herz ihm bliebe,
Am ew'gen Himmel stehst du fest —
Stern heil'ger Mutterliebe.
O Mutterliebe, Sorg' und Treu'!
Nie ausgeschöpfte Güte!
Und immer alt und immer neu,
Daß dich die Allmacht hüte!
Immermann.
137. Die Welt ist ein gemeiner Tisch,
drauf alle Menschen essen,
Wohl dem, der dessen, der rhn deckt,
pflegt nimmer zu vergessen.
v. Log au.
138. Wenn du des Morgens erwachst,
übersinne den Tag.
A. v. Pinten.
13V. Laut.magst du reden überall,
Doch vorlaut sein paßt nirgends hin
Fehlt meistens auch Verstand darin.
Harms.
140. Bleib' bei deinen Genossen,
So wirst du nicht verstoßen.
141. Weißt du was, so schweig.
Ist dir wohl, so bleib.
Haft du was, so halt.
Unglück mit seinem breiten Fuß kommt
bald. Luther.
142. Wer eines Menschen Freude stört,
Der Mensch ist keiner Freude werth.
143. Der ist ein Ehrenmann, der eines
Andern Fehler
Mehr als die eigenen entschuldigt und
verschweigt
Und And'rer Tugenden wie rechte Ehren¬
mäler
Dem, der sie recht nicht sieht, im rech,
ten Lichte zeigt.
144. Wer Wohlthat dir erwies, sei
deines Danks gewiß,
Die du erweisest, die vergiß!
I. W. L. Gleim.
145. Wenn du durch den Koch der
Straße mußt mit neuen Schuhen gehn,
Wirst du, trippelnd auf den Spitzen,
nach den blanken Steinen sehn;
Hat sie erst beschmutzt ein Fleckchen,
lernst du waten sicherlich.
Hüte, Kind, in deiner Seele vor dem
ersten Fleckchen dich!
W. Müller.
146. Neue Beschäftigung ist wahre
Erholung. .Hippel.
147. Sprich nie etwas Böses von einem
Menschen, wenn du es nicht ge«
wiß weißt, und wenn du es ge¬
wiß weißt, so frage dich: warum
erzähle rch es? Lavater.
Wo's Wahrheit gilt und Recht zumal,
Perioden.
1. Wer nie sein Brod mit Thränen aß; wer nie die kummervollen Nächte
auf seinem Bette weinend saß: der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!
Göthe.
2. So unvorsichtig eS ist, die Welt als ein Jammerthal zu verschreib
wo nichts als Elend zu finden sei: so thöricht ist eS, sie fir einen Himmel
auf Erden zu halten, und nichts als Vergnügen und Wonne zu erwarten.
Reinhard.