304 fαννανα Joseph Victor von Scheffel cArπνανα
Auch abenteuerliche Gestalten ragten wie Ungetüme aus dem Chaos
hervor: dort hinter dem offenen Faß, gefüllt mit oranger Masse —
es ist Palmöl von der Ostküste Afrikaes — ruht ein unförmiges
Tier — es ist Talg aus Polen, der in die Haut einer ganzen Kuh
eingelassen ist; — daneben liegen, zusammengedrückt in riesigem
Ballen, gepreßt mit Stricken und eisernen Bändern, fünfhundert
Stockfische, und in der Ecke gegenüber erheben sich über einen Haufen
Elefantenzähne die Barten eines riesigen Wals.
Anton stand noch stundenlang, nachdem die Erklärungen seines
Lehrmeisters aufgehört hatten, neugierig und verwundert in der alten
Halle, die Gurte der alten Wölbung und die Pfeiler an der Wand
herwandelten sich ihm in großblättrige Palmen, das Summen und
Geräusch auf der Straße erschien ihm wie das entfernte Rauschen
der See, die er nur aus seinen Träumen kannte, und er hörte die
Wogen des Meeres in gleichmäßigem Takt an die Küste schlagen, auf
welcher er so sicher stand.
Diese Freude an der fremden Welt, in welcher er so gefahrlos
eingekehrt war, verließ ihn seit dem Tage nicht mehr. Wenn er sich
Muͤhe gab, die Eigentümlichkeit der vielen Waren zu verstehen, so
versuͤchte er auch durch Lektüre deutliche Bilder von der Landschaft
zu bekommen, aus welcher sie herkamen, und von den Menschen, die
sie gesammelt hatten.
beb. 16. Sehrnt ises Joseph Victor von Scheffel.
Gest. 9. April 1886
in Karlsruhe.
Die Hunnenschlacht.
Aus: Ekkehard. Eine Geschichte aus dem 10. Jahrhundert.)
Karfreitagmorgen war angebrochen. Des Erlösers Todestag ward heute
auf dem Hohentwiel nicht in der stillen Weise begangen, wie es der Kirche
Vorschrift heischte. Noch in später Nacht hatte man Kriegsrat gehalten
und war eins geworden, den Hunnen entgegenzurücken und sie in offenem
Feldstreit zu bestehen. Trüb ging die Sonne auf, bald war sie wieder ver—
hüllt. Sturmwind zog übers Land und jagte das Gewölk, daß es sich
über den fernen Bodensee niedersenkte, als wenn Wasser und Luft eins
werden wollten. Dann und wann schlug ein Sonnenstrahl durch: es war
des Frühlings noch unentschiedener Kampf mit des Winters Gewalten.
Die Männer hatten sich vom Lager erhoben und rüsteten zu des ernsten
Tages Arbeit.
Es war die siebente Stunde des Morgens, da hielten sie im Hof von
Hohentwiel den Gottesdienst vor dem Auszug. Unter der Linde war der
Atar aufgeschlagen, die geflüchteten Heiligtümer standen drauf zum Trost