Full text: [Teil 3 = Oberstufe, [Schülerbd.]] (Teil 3 = Oberstufe, [Schülerbd.])

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sprang dem geworfenen Steine nach in kühnem Sprunge; nur 
dem, der ohne Wanken in jedem dieser drei Spiele sie besiegte, 
wollte sie sich ergeben. Wer unterlag, verlor das Haupt. Schon 
mancher Held war umsonst gefahren nach der Minne der starken 
Kampfjungfrau Brunhild, um niemals wiederzukehren. 
2. Da beschließt der König Gunter von Burgundenland, das 
Leben um ihre Minne zu wagen, und fordert Siegfried auf, ihm 
bei der Werbung zu helfen. Siegfried sagt es zu, wenn Gunter 
ihm seine Schwester Kriemhild zum Weibe geben wolle; Gunter 
gelobt, dies zu tun, sobald Brunhild in sein Land gekommen sein 
werde. Mit einem Eid wird dieser Bund bekräftigt und das Schiff 
zur Abfahrt gerüstet; goldfarbene Schilde und reiche Gewande 
werden an das Gestade getragen, und aus den Fenstern schauen 
die trüben Augen minniglicher Kinder den Helden nach, die unter 
dem schwellenden Segel am Ruder des Rheinschiffes sitzen. Denn 
Siegfried, der kundige Seefahrer, führt selbst das Steuerruder, 
und Gunter ergreift gleichfalls die Ruderstange. 
3. Nach zwölftägiger Fahrt kommen sie an vor dem Isenstein, 
wo Brunhild herrscht. In fremder, unheimlicher Pracht ragen 
sechsundachtzig Türme an dem Seegestade empor, drei weite 
Paläste (Wohnhäuser) und einen großen Herrensaal umschließend, 
alle von grünem Marmorstein erbaut. Nur Siegfried allein ist 
dieses ferne Land, ist diese wunderbare Burg, ist die stolze Be⸗ 
wohnerin und Herrin selbst bekannt. Und auch die hehre Maid 
kennt den Helden, der sich ihr nahet, wohl, nur zu wohl. „Seid 
willkommen,“ sagt sie, ohne erst zu fragen, wer er sei, „se d will— 
kommen, Herr Siegfried, hier in meinem Lande; was bedeutet 
Eure Reise? Das möcht' ich gern wissen.“ „Da steht,“ entgegnet 
Siegfried der Fragenden, „Gunter, ein König bei dem Rheine, 
der deine Minne zu erwerben begehrt; er ist mein Herr, ich sein 
Mann; um deinetwillen kommen wir.“ 
4. Jetzt beginnen die Kampfspiele. Gunter aber, unfähig, gegen 
die dämonischen Kräfte der starken Jungfrau sich zu behaupten, wird 
von Siegfried vertreten. Dieser hüllt sch in seine Tarnhaut (den 
unsichtbar machenden Überwurf), um unsichtbar für Gunter die 
Kämpfe zu bestehn; Gunter soll nur Scheinkämpfer sein. Der 
Königin Brunhild trägt man ihren ungefügen Ger, mit dem sie 
zu allen Zeiten zu schießen pflegte, mit schwerer Stange und breitem 
Eisen, das an seinen drei Ecken grimmig schneidet, herbei; herbei 
auch in den Kampfkreis einen ungeheuren, runden Wurfstein, an
	        
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