Full text: [Theil 3, [Schülerbd.]] (Theil 3)

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Zierrath vorkommt, sehr verdünnt und hell angewendet wird, da 
denn seiner bezeichneten Natur nach einen ganz besondern Reiz 
ausübt. 
Indem die hohe katholische Geistlichkeit diese unruhige Farbe sich 
angeeignet hat, so dürfte inan wohl sagen, daß sie ans den unruhigen 
Staffeln einer immer vordringenden Steigerung unaufhaltsam zu dem 
Eardinalpnrpur hinaufstrebe. 
Roth. 
Man entferne bei dieser Benennung alles, was im Rothen einen 
Eindruck von Gelb oder Blau machen könnte. Man denke sich ein 
ganz reines Roth, einen vollkommenen, aus einer weißen Porzellan- 
schale ausgetrockneten Karmin. Wir nennen diese Farbe, ihrer hohen 
Würde wegen, manchmal Purpur, ob wir gleich wohl wissen, daß 
der Purpur der Alten sich mehr nach der blauen Seite hinzog. 
Wenn wir beim Gelben und Blauen eine strebende Steigerung 
ins Rothe gesehen und dabei unsere Gefühle bemerkt haben, so läßt 
sich denken, daß nun in der Vereinigung der gesteigerten Pole eine 
eigentliche Beruhigung, die wir eine ideale Befriedigung nennen möch¬ 
ten, stattfinden könne. Und so entsteht diese höchste aller Farbenerschei¬ 
nungen aus dem Zusammentreten zweier entgegengesetzten Enden, 
die sich zu einer Vereinigung nach und nach selbst vorbereitet haben. 
Als Pigment hingegen erscheint sie uns als ein Fertiges und 
als das vollkommenste Roth in der Cochenille, welches Material 
jedoch durch chemische Behandlung bald ins Plus, bald ins Minus 
zu führen ist und allenfalls im besten Karmin als völlig im Gleich¬ 
gewicht stehend angesehen werden kann. 
Die Wirkung dieser Farbe ist so einzig, wie ihre Natur. Sie 
giebt einen Eindruck sowohl von Ernst und Würde, als von Huld 
und Anmuth. Jenes leistet sie in ihrem dunkeln verdichteten, dieses 
in ihrem hellen verdünnten Zustande. Und so kann sich die Würde 
des Alters und die Liebenswürdigkeit der Jugend in Eine Farbe kleiden. 
Von der Eifersucht der Regenten auf den Purpur erzählt uns 
die Geschichte manches. Eine Umgebung von dieser Farbe ist immer 
ernst und prächtig. 
Das Purpurglas zeigt eine wohlerleuchtete Gegend in furcht¬ 
barem Lichte. So müßte der Farbenton über Erd' und Himmel am 
Tage des Gerichts ausgebreitet sein. 
» Grün. 
Wenn man Gelb und Blau, diese ersten und einfachsten Far¬ 
ben, gleich bei ihrem Erscheinen, auf der ersten Stufe ihrer Wirkung 
zusammenbringt, so entsteht diejenige Farbe, welche wir Grün nennen. 
Unser Auge findet in derselben eine reale Befriedigung. Wenn 
beide Mntterfarben sich in der Mischung genau das Gleichgewicht
	        
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