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würden das Silber, das die Preußen den Oesterreichern
gestohlen hätten, ans Berlin zurückholen, — erhob sich
anfangs die Hoffnung in Berlin nur bis dahin, es werde
unfern tapfcrn Armeen gelingen, den etwa in das Land
eindringenden Feind zurückzuschlagen. Es handelte sich
um einen Kampf von 19 Millionen gegen 49 Millionen,
und noch wußte man nicht, welche Stellung Napoleon zu
den Kriegführenden einnehmen würde. Man glaubte an
einen langen, blutigen Krieg. Niemand konnte ahnen,
wie inhaltfchwer die Kriegsnachrichten sein würden, die tu
den nächsten Tagen schon mit donnernden Flügelschlägcn
und in ununterbrochener Reihe durch Preußen, durch
Deutschland, durch Europa eilen, sa ihren Flug durch die
Welt nehmen sollten. Wahrlich, die letzte Zeit des Juni
und die erste Zeit des Juli des Jahres 1866 umschließt
Tage, die für alle Zeit den denkwürdigsten und ehren¬
reichsten der Geschichte Preußens sich anreihen.
Die Annahme, daß die gegen Böhmen vorgeschobenen
Armeen sich auf die Abwehr des FeindeS beschränken
würden, hatte viel für sich, weil Böhmen ein von der
Natur gebildetes großes Festungswerk ist, welches, einiger¬
maßen gut vertheidigt, einem Angriffe außerordentliche
Schwierigkeiten darbietet. Gebirgskämme bis zu einer
Höhe von 4 — 5000 Fuß erheben sich im Osten, Norden
und Westen und fallen nach der Mitte zu allmählig ab.
Die Thäler sind tief eingeschnitten und enge, die Wege
winden sich schlangenartig, bald nach rechts und links,
bald auf und nieder und stoßen überall auf Engpässe,
die leicht zu vertheidigen, aber äußerst schwer zu nehmen
sind.