Full text: [Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.]] (Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.])

Kote stecken, daß die ganze Gesellschaft aussteigen und, „bis übers Knie im 
Schmutz patschend", den Wagen vorwärts schieben mußte. Mitten im Dorfe 
Bübingen fuhr der Knecht „mit dem linken Vorderrad unversehendlich in 
eine Pfütze, daß die Frau Eheliebste sich Nase und Backen au den Plan¬ 
reifen jämmerlich zerschund." Von Mögglingen bis Aalen mußte inan drei 
Pferde Vorspann nehmen, und dennoch brauchte man sechs volle Stunden, 
um letztgenannten Ort zu erreichen, wo übernachtet wurde. Am andern 
Morgen brachen die Reisenden in aller Frühe auf und gelangten glücklich 
beim Dorfe Hofen an. Hier aber hatte die Reise einstweilen ein Ende, denn 
hundert Schritte vor dem Dorfe fiel der Wagen um und in einen „Gumpen" 
(Pfütze), daß alle „garstig beschmutzt wurden, die Magd die rechte Achsel 
auseinanderbrach und der Knecht sich die Hand zerstauchte." Zugleich zeigte 
sich, daß eine Radachse gebrochen und das eine Pferd am linken Vorderfuß 
„vollständiglich gelähmt worden." Man mußte also zum zweitenmal 
unterwegs übernachten, in Hofen Pferde und Wagen, Knecht und Magd 
zurücklassen und einen Leiterwagen mieten, auf welchem die Reisenden end¬ 
lich „ganz erbärmiglich zusammengeschüttelt" am Mittwoch ums „Vesper¬ 
läuten" vor dem Thore von Ellwangen anlangten. — Bis ins 17. Jahr¬ 
hundert machte man die Reisen fast ausschließlich zu Pferde. Allerdings 
erfahren wir, daß schon im 15. Jahrhundert die deutschen Hofmeister zu 
Wagen reisten, und im 16. wurde dieser Gebrauch bei vornehmen Personen 
und bei Geistlichen allmählich häufiger, während sich die Rüstigen beiderlei 
Geschlechts noch immer lieber der Pferde bedienten. Um 1550 kamen von 
Ungarn her die aus dem Morgenlande stammenden Arben nach Deutschland, 
wo sie Gutschen (Kutschen) genannt wurden. Man hielt es jedoch für eine 
unmännliche Weichlichkeit, dieser Fuhrwerke sich zu bedienen, und der 
Herzog Julius von Braunschweig verbot 1588 geradezu den Gebrauch 
derselben, weil dadurch „die männliche Tugend, Redlich-, Tapfer-, Ehrbar- 
und Standhaftigkeit" deutscher Nation beeinträchtigt würde und „das 
Gutschenfahren gleich dem Faulenzen und Bärenhäutern" wäre. Die An¬ 
fänge des deutschen Postwesens sind die „Briefställe" und „Reitposten", 
welche der deutsche Orden zu Ende des 14. Jahrhunderts in Preußen ein¬ 
richtete. Auch die Hansa hatte Posten und zwar bereits Fahrposten. Im 
Jahre 1516 richtete auf Befehl Maximilians I. Franz von Thurn und 
Taxis den ersten regelmäßigen Postkurs zwischen Brüssel und Wien ein. 
Nach diesem Vorbilde kamen dann in verschiedenen Reichsländern — das 
Reichsoberpostamt war seit 1545 beim Hanse Taxis — Posten auf, die seit 
der Mitte des 17. Jahrhunderts auch die Beförderung von Personen zu 
übernehmen anfingen. Doch war bis ins 18. Jahrhundert der Personen¬ 
transport um so mehr Nebensache, als die meisten Reisenden anstanden, 
ihre gesunden Glieder dem Postwagen anzuvertrauen. Einen erfreulichen 
Wendepunkt im deutschen Postwesen bezeichnet erst die Einrichtung der Eil- 
wagenkurse von 1824 an. Wer den Gang der Taxisschen „Postschnecke", 
von welcher Borne eine so köstliche Beschreibung geliefert, noch miterlebte, 
hat gewiß seine erste Eilwagenreise mit großer Befriedigung gemacht. 
I. Scherr.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.