Full text: Leitfaden der vaterländischen Geschichte für Schule und Haus

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ßischen Societät der Wissenschaften", welche auch eine Sternwarte 
und ein Moratorium erhielt, erfolgte im Jahre 1710. 
Friedrich widmete auch den Künsten eine große Teilnahme; 
die Reiterstatue des großen Kurfürsten auf der langen Brücke in 
Berlin, das herrliche Zeughaus (beide von Schlüter), rühren ans 
seiner Regierungszeit her. 
Die Schattenseiten in Friedrichs Regierung. An 
Friedrichs Hofe ging es in jeder Beziehung ungemein glänzend zu; 
der König selbst hatte an fürstlicher Pracht und an der Anordnung 
großartiger Feste das höchste Gefallen, er wollte darin dem berühmten 
Hofe Ludwigs XIV nicht nachstehen. Dieser Glanz aber wurde 
eine Quelle mancher Übel für das Land; die Kosten des Hofstaats 
nahmen von Jahr zu Jahr zu, man mußte auf immer neue Mittel 
zur Bestreitung dieser großen Ausgaben denken, die alten Steuern 
erhöhen und zu wiederholten Malen eine allgemeine Kopfsteuer er¬ 
heben, und doch war bei Hofe immer Geldnot. Dies verschaffte 
einem unverschämten Betrüger, welcher sich Gras Ruggiero nannte 
und vorgab, mittelst der Kunst der Alchymie Gold machen zu kön¬ 
nen, leicht Eingang bei dem König und dem Grasen Wartenberg. 
Er wurde glänzend ausgenommen und wußte den Hos eine zeitlang 
mit täuschenden Hoffnungen hinzuhalten, bis er aus Furcht, ent¬ 
larvt zu werden, nach Frankfurt entsteh. Nach wiederholtem Auf¬ 
enthalt in Berlin und öfter erneuerter Flucht wurde er endlich als 
Betrüger überführt und an den Galgen gebracht. — Schädlicher 
für den Staat war die langjährige Gunst des in den Reichsgrasen- 
stand erhobenen Kolb von Wartenberg, der mit seiner Gemahlin 
durch Eigennutz und Übermut sich allgemein verhaßt machte. 
Endlich konnte der König nicht umhin, ihn zu entlassen, doch gab 
er ihm noch eine beträchtliche Pension, wiewohl Wartenberg in 
seiner Stellung die größten Reichtümer gesammelt hatte. 
In den letzten Jahren von Friedrichs Regierung wütete in 
Ostpreußen die Pest in sehr hohem Grade; 250 000 Menschen, ein 
Dritteil der damaligen Bevölkerung, wurden hingerafft (1709). 
Auch in seiner Familie hatte der König zuletzt wenig Freude; 
er hatte sich zum dritten Male verheiratet, feine Gemahlin, Sophie 
Luise von Mecklenburg, war aber in strenger Frömmigkeit dem glän¬ 
zenden Treiben des Hofes abhold und suchte überdies den König 
zum lutherischen Bekenntnis zu bekehren. Zuletzt verfiel sie ganz 
in fromme Schwärmerei.
	        
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