Full text: Belehrungen über wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen

Rom. 
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Ölbäume pflanzen und erst nachher und nicht in allzu früher 
Jugend ein Landhaus sich einrichten soll. Eine gewisse Bauern- 
haftigkeit ist der Wirtschaft freilich eigen, und anstatt der 
rationellen Ermittelung der Ursachen und Wirkungen treten 
durchgängig die bekannten bäurischen Erfahrungssätze auf; doch 
ist man sichtbar bestrebt sich fremde Erfahrungen und aus¬ 
ländische Produkte anzueignen, wie denn schon in Catos Verzeich¬ 
nis der Fruchtbaumsorten griechische, afrikanische und spanische 
erscheinen. 
Die Bauernwirtschaft war von der des Gutsbesitzers haupt- Bauem- 
sächlich nur verschieden durch den kleineren Mafsstab. Der 
Eigentümer selbst und seine Kinder arbeiteten hier mit den Sklaven 
oder auch an deren Statt. Der Viehstand zog sich zusammen, und 
wo das Gut nicht länger die Kosten des Pfluges und seiner Be¬ 
spannung deckte, trat dafür die Hacke ein. Öl- und Weinbau 
traten zurück oder fielen ganz weg. — In der Nähe Roms oder 
eines anderen gröfseren Absatzplatzes bestanden auch sorgfältig 
berieselte Blumen- und Gemüsegärten, ähnlich etwa wie man sie 
jetzt um Neapel sieht, und gaben sehr reichlichen Ertrag. 
Die Weidewirtschaft ward bei weitem mehr ins Grofse ge- Weide- 
trieben als der Feldbau. Das Weidelandgut (saltus) mufste aufwirtschaft- 
jeden Fall beträchtlich mehr Flächenraum haben als das Acker¬ 
gut — man rechnete mindestens 800 Morgen — und konnte mit 
Vorteil für das Geschäft fast ins Unendliche ausgedehnt werden. 
Nach den klimatischen Verhältnissen Italiens ergänzen sich daselbst 
gegenseitig die Sommerweide in den Bergen und die Winterweide 
in den Ebenen; schon in jener Zeit wurden, eben wie jetzt noch 
und grofsenteils wohl auf denselben Pfaden, die Herden im Früh¬ 
jahr von Apulien nach Samnium und im Herbst wieder zurück 
von da nach Apulien getrieben. Die Winterweide indes fand, wie 
schon bemerkt ist, nicht durchaus auf besonderem Weideland statt, 
sondern war zum Teil Stoppelweide. Man zog Pferde, Rinder, 
Esel, Maulesel, hauptsächlich um den Gutsbesitzern, Frachtführern, 
Soldaten und so weiter die benötigten Tiere zu liefern; auch 
Schweine- und Ziegenherden fehlten nicht. Weit selbständiger 
aber und weit höher entwickelt war infolge des fast durchgängigen 
Tragens von Wollstoffen die Schafzucht. Der Betrieb ward durch 
Sklaven beschafft und war im ganzen dem Gutsbetrieb ähnlich, 
so dafs der Viehmeister (mcigister pecoris) an die Stelle des Wirt¬ 
schafters trat. Den Sommer über kamen die Hirtensklaven meisten¬ 
teils nicht unter Dach, sondern hausten, oft meilenweit von 
menschlichen Wohnungen entfernt, unter Schuppen und Hürden; 
es lag also in den Verhältnissen, dafs man die kräftigsten Männer 
dazu auslas, ihnen Pferde und Waffen gab und ihnen eine bei
	        
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