Full text: [Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.]] (Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.])

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Rachedurst rüsten sich nun, ohne Dietrichs Wissen und wider sein Gebot, 
alle Recken aus dem Gotenstamme und begleiten Meister Hildebrand. Von 
Hagen hören sie die Bestätigung der traurigen Mär — 
Dietrichs Helden sah man die Thränen niedergeh'n 
über Bart und Wange; Leid war ihnen gescheh'n. 
Nun begehren sie den Leichnam des edlen Markgrafen, um ihm seine 
Treue durch feierliche Totenklage und ehreiwolle Bestattung noch nach dem 
Tode zu vergelten. Trotzig verweigern es die Burgunden. Da greifen die 
Amelungen zu den Schwertern, ein wütender Kampf entbrennt, Volker wird 
von Hildebrand erschlagen, Giselher von Wolfhard, Hildebrands Neffen; 
es sinken die Goten dahin, und Hildebrand flieht mit einer schweren 
Wunde, die ihm Hagen beigebracht, zu seinem Herrn, um ihm den Tod aller 
seiner Mannen zu berichten, während auf Seite der Burgunden nur noch 
Günther und Hagen übrig geblieben sind. Von der Klage des Goten¬ 
fürsten erschallt das Haus, aber er ermannt sich bald wieder zu dem alten 
Heldenmute; er ergreift sein Waffengewand und geht den beiden überleben¬ 
den Burgunden entgegen. Ernst und einsam stehen diese außen vor dem 
Hanse, gelehnet an den Saal. Dietrich hält ihnen vor, was sie ihm Leides 
gethan und verlangt eine angemessene Sühne; Günther und Hagen sollen 
sich ihm zu Geiseln geben, er wolle sie behüten und vor aller Unbill im 
Hunnenlande schützen, ja sie in Ehren nach Burgund heimgeleiten. Aber stolz 
lehnt es Hagen ab. Der letzte Kampf beginnt. Trotz seiner Todes¬ 
ermüdung macht Hagen dem Gotenkönige noch genug zu schaffen, aber 
Zuletzt bringt ihm dieser doch eine Wunde bei; dann läßt er den Schild 
fallen und umschlingt mit seinen Armen den grimmen Helden, fiihrt ihn 
gebunden vor die Königin und giebt ihr in die Hand 
„den allerkühnsten Recken, der je ein Schwert noch trug: 
nach ihrem starken Leide ward sie fröhlich genug." 
Sie ließ mm ihren Todfeind in einen Kerker führen, während Dietrich 
Zu Günther zurückkehrte und ihn ebenfalls nach heißem Kampfe gebunden 
brachte. Kriemhilde mußte versprechen, der beiden Helden Leben zu schonen, 
und Dietrich ging mit weinenden Augen von dannen. Günther aber 
wurde in einen besonderen Kerker, getrennt von Hagen, eingeschlossen. 
Die Königin wandte nun ihre Schritte zu Hägens Kerker und ver¬ 
sprach ihm das Leben, wenn er ihr den Nibelungenhort zurückgeben wolle. 
Aber auch in seinen Fesseln ist sein Trotz noch ungebrochen: 
„Die Rede ist verlor'n, 
vieledle Königin Kriemhild, ich habe das geschwor'n, 
niemand den Hort zu zeigen; solange noch am Leben 
vor: meinen Herren einer, wird feinem er gegeben." 
Da thut die entartete Frau das Entsetzliche, sie läßt dem Bruder das 
Haupt abschlagen und mit eigener Hand trägt sie es an den Haaren vor den 
Helden von Tronck. Bei dem schrecklichen Anblicke bricht er in die Worte aus: 
„Nun ist von Burgunden der edle König tot, 
Giselher der junge und auch Gernot; 
den Hort weiß nun niemand als Gott und ich allein, 
der soll dir Teuselsweibe auch stets verhohlen sein."
	        
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