Full text: [Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.]] (Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.])

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d. h. das Große." Der Priester aus Persien: „Wir nennen es Ormuz, 
d. h. Urlicht." Der Priester aus Judäa: „Jehooah Adonai, den 
Herrn, der da ist, war und sein wird." Und so hatte ein jeder 
Priester sein eigenes Wort und einen besonderen Namen, womit er 
das höchste Wesen benannte. 
Da ergrimmte der König in seinem Herzen und sprach: „Ihr 
habt nur einen Herrscher und König, so sollt ihr auch fortan nur 
einen Namen für Gott haben: Zeus ist sein Name." Aber die 
Priester aus Persien wurden sehr betrübt ob dieser Rede des Königs 
und sprachen: „Mit dem Worte, das wir genannt haben, nennt ihn 
unser Volk von Jugend auf. Wie sollen wir das ändern?" Der 
König aber zürnte noch mehr. 
Da trat ein alter Weiser mit grauem Haupte hervor, ein Brahmine, 
der ihn nach Babylon begleitet hatte. Dieser hub an und sprach: 
„Der König, mein Herr, erlaube, daß ich zu den Versammelten reden 
dürfe." — Daraus wandte er sich zu den Priestern und fragte: 
„Leuchtet auch bei euch allen das himmlische Gestirn des Tages, die 
Quelle des irdischen Lichtes?" Die Priester verneigten sich allesamt 
und sprachen: „Ja!" Da fragte der Brahmine sie, einen nach dem 
andern: „Wie nennt ihr dasselbe?" Und ein jeglicher nannte ein 
anderes Wort und einen eigenen Namen seines Landes und Volkes. 
Da sprach der Brahmine zu dem Könige: „Sollen sie nicht fortan das 
Gestirn des Tages mit gleichem Worte nennen? Helios ist sein Name!" 
Bei diesen Worten ward der König voll Scham und sprach: 
„Lasset einen jeglichen sein eignes Wort gebrauchen. Ich sehe wohl, 
daß das Bild und Zeichen noch nicht das Wesen ist." 
Krummacher. 
197. Die zehn Rosen vom Sinai. 
Hoch oben auf dem Berge Sinai, da wächst seit Jahrtausenden 
ein großer unendlicher Nosenstock, der breitet seine Zweige hoch aus 
über das ganze Weltall; die Gerechten und Frommen erkennen den 
Himmelsschimmer seiner Blüten an dem Glanze des Morgen- und 
dem Purpurscheine des Abendlichtes und beten unter dem Blütendom, 
ja selbst die schwarzen Stämme des Äquators kennen schon den Ro¬ 
senstock und beugen sich unter seinem heiligen Blütenschauer. 
Dieser Rosenstock lebt ewig — ewig und unzählig wachsen seine 
Blumen, und jedesmal, wenn ein Kind geboren wird, dann fallen 
aus einer der zehn Rosen des Sinai zehn Samenkörner herab in 
des Kindes Brust. Dort keimen sie, wenn die Mutter an der Wiege 
sitzt, sie schlagen ihre Wurzeln, wenn der Säugling im süßen 
Schlummer üächelt, und der Engel zu Häupten des Kindes pflegt 
ihre ersten Keime. 
Das Kind aber wächst, und in seiner Brust entwickeln sich lang¬ 
sam die Knospen und gießen ihren sanften Schimmer über des Kindes 
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