und sich begegneten im Bruderkuß.
Da ward es klar, sie hegten keinen Neid,
75. und jeder stand dem andern gern zurück.
Der Erzbischof von Mainz erhub sich jetzt:
„Weil doch — so rief er — einer es muß sein,
so sei's der Ält're." Freudig stimmten bei
gesamte Fürsten, und am freudigsten
80. der jüng're Konrad. Donnergleich erscholl,
oft wiederholt, des Volkes Beifallsruf.
Als der Gewählte drauf sich niederließ,
ergriff er seines edlen Vetters Hand
und zog ihn zu sich auf den Königssitz.
85. Und in den Ring der Fürsten trat sofort
die fromme Kaiserwitwe Kunigund'.
Glückwünschend reichte sie dem neuen König
die treu bewahrten Reichskleinode dar. —
Zum Festzug aber scharten sich die Reihen,
90. voran der König, folgend mit Gesang
die Geistlichkeit und Laien; so viel Preis
erscholl zum Himmel nie an einem Tag!
Wär' Kaiser Karl gestiegen aus der Gruft,
nicht freudiger hätt' ihn die Welt begrüßt.
95. So wallten sie den Strom entlang nach Mainz,
woselbst der König im erhab'nen Dom
der Salbung heil'ge Weihe nun empfing.
Wen seines Volkes Ruf so hoch gestellt,
dem fehle nicht die Kräftigung von Gott!
100. Und als er wieder aus den: Tempel trat,
erschien er herrlicher als kaum zuvor,
und seine Schulter ragt' ob allem Volk.
Werner erinnert nun Ernst daran, daß, wenn er auch jetzt sein
einziger Lehnsmann sei, in Schwaben doch noch mehrere ihm Getreue
Hausen, und rät darum, nach Schwaben aufzubrechen. Um Ernst zu
ermutigen, zeigt er ihm den Handschuh, den der Kaiser bei der Ächtung
von sich geschlendert, zum Zeichen, daß Ernst verworfen und zertreten
sei. Der Kriegsknecht hat ihn aufgehoben und Wernern gegeben, der
ihn nun an seiner Brust trägt, zum Zeichen, daß er Ernsts Schmach
rächen werde. Sie brechen auf, um eine dritte Erhebung zu versuchen.
3. Aufzug.
Im Palaste zu Aachen weilt Gisela, die Mutter Ernst's, mit
traurigem Herzen. Graf Hugo von Egisheim wird von ihr em¬
pfangen. Er ist im Begriff, im Aufträge des Kaisers nach Burgund
zu gehen, um den aufsässigen Adel zu beruhigen, für Konrad Freunde
zu werben und den Mut Odos zu dämpfen, der kühn nach dem
Thronrechte strebt. Er verabschiedet sich bei Gisela, und diese freut