Full text: [Teil 5, [Schülerband]] (Teil 5, [Schülerband])

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Zimmern erscheinen sie ausgelaufen und uneben. Die Decken und 
Teppiche werden abgenutzt; nach einigen Jahren zerschlitzen sie und 
müssen ersetzt werden. Hast du dir wohl einmal ausgerechnet, 
wie viel in deinem Hause jährlich Stiefel- und Schuhsohlen abgelaufen, 
wie viel Kleidungsstücke abgetragen werden? Ein Teil davon nutzt 
sich im Zimmer ab und nicht gerade der kleinste. Untersuchen wir 
mit Hilfe des Mikroskops ein Häufchen Staub, so treffen wir die 
Spuren der verschiedensten Gegenstände beisammen: hier ein schwarzes 
Wollenfaserchen, daneben ein Flöckchen weifser Baumwolle, dann 
ein wenig Seide. Nicht wenige Staubteile sind Rufs, der entweder 
aus der Lampe oder aus dem Ofen stammt. Es folgt dann ein winziges 
Endchen einer Feder, dann ein Haar vom Pelze, ein Holzsplitterchen, 
ein Sandkörnchen, ein Eisenkrümelchen, ein Mehlstäubchen, vielleicht 
auch eine zierliche Flügelschuppe von einer Motte oder ein Endchen 
von einem Fliegenbeine. So viel Gegenstände im Zimmer und aussen 
herum in der Nähe sind, von ebenso vielen könnten wir auch Spuren 
im Staube antreffen. Hautschuppen von unserm eignen Körper werden 
selten dazwischen fehlen. Alle Metalle werden dabei mit vertreten 
sein, kostbares Gold und Silber vom Geschmeide, das sich abnutzt, 
und harter Stahl vom Messer, dessen Klinge von Jahr zu Jahr kleiner 
wird. Man trifft Stäubchen, aus allen Teilen der Erde stammend, 
vielleicht auf dem Goldschnitte eines Buches an, das längere Zeit 
unbenutzt dastand. Hier ruht neben dem Endchen einer Eiderdune, 
die an den eisigen Küsten Grönlands und Islands gesammelt ward, 
ein Fäserchen Baumwolle, das durch Neger am südlichen Mississippi 
gepflückt wurde. Ein Mehlstäubchen von Reis aus Ostindien hat sich 
zu einem Seidenfädchen gesellt, das von einer Raupe auf Sicilien 
gesponnen ward, und ein Härchen vom Pelze des Eichhorns, das einst 
auf den Zirbelbäumen Sibiriens sein Wesen trieb, hat sich gebettet 
neben ein Goldblattstäubchen, das aus dem Innern Afrikas oder 
aus Kalifornien stammt. Die Wischtücher der Buchbinder und 
Goldschläger erhalten gerade wegen ihres Gehaltes an solchen Gold¬ 
stäubchen einen um so hohem Wert, je älter sie sind. 
Auch lebendige Keime werden im Staube nicht gänzlich 
fehlen. Werden ja selbst ansehnlich schwere Samen grösserer 
Gewächse von der Luft ziemlich weit fortgetragen; warum sollten 
nicht auch die mikroskopisch kleinen und leichten Fortpflanzungs¬ 
zellen von Pilzen, Algen, Moosen und Flechten eine solche Reise 
mitmachen können? Hierdurch erklärt sich auch leicht das Auftreten 
des Schimmels im verschlossenen Speiseschranke, im Tintenfasse und 
an den Wänden. Weiss man ja doch, dass der Blütenstaub von 
blühenden Kiefern mitunter in solcher Menge aus der Luft nieder¬ 
gefallen ist, dass man geglaubt hat, es habe Schwefel vom Himmel 
geregnet. Ebenso hat man mit Sicherheit nachgewiesen, dass der
	        
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