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Ein Beispiel aus dieser Gegend beweist uns die Bedeutung der Wälder
in glänzendem Lichte. Ms der durch den mehr als hundertjährigen
Betrieb der Bleibergwerke bei CommerlU) herausgeschaffte Sand die
nahe liegenden Äcker und Wiesen überflutete, wäre das Elend nicht zu
übersehen gewesen, welches im Gesolge dieser Überflutung des Sand¬
meeres notwendig hätte folgen müssen. Durch die glückliche Einsicht der
Forstverwaltnng wurde dem drohenden Elende nur Halt durch die
Anpflanzung von Nadelhölzern geboten. Nicht anders war es einst
im Golfe von Gascogne; hier überflutete der Meeressand die nahe¬
gelegenen Äcker und drohte sie völlig zu entwerten und unbewohnbar zu
machen. Da faßte der Franzose Brsmontier den geistreichen Gedanken,
einen Wald als Schutzwehr aufzustellen; er pflanzte den sandliebenden
Besenginster^) an, erzog in seinen! Schatten junge Kiefern und zwang
sonnt den Meeressand zuni Stillstände. Deutschland hat ähnliches an
seinen Meeresküsten gesehen. So z. B. in der frischen Nehrung, jenem
langen, schmalen Sanddamme, der sich fast von Danzig bis Pillau
erstreckt und das frische Haff vom Meere trennt. „Bis ins Mittelalter,"
erzählt uns W. Alexis3), „erstreckte sich die Nehrung noch weiter, und
der enge Durchstich bei Lockstadt versandete. Ein langer Kiefernwald
knetete und festete mit seinen Wurzeln den Dünensand und die Heide in
ununterbrochener Reihe von Danzig bis Pillau. König Friedrich
Wilhelm I. brauchte einmal Geld. Ein Herr von Korff, der sich beliebt
machen wollte, versprach, es ihm ohne Anleihe und Steuern zu ver¬
schaffen, wenn man ihm erlaube, Unnützes fortzuschaffen. Er lichtete in
den preußischen Forsten, die damals freilich geringen Wert besaßen; er
ließ aber auch den ganzen Wald der frischen Nehrung, soweit er preußisch
war, fällen. Die Finanzoperation war vollkommen gelungen. Der
König hatte Geld. Aber in der Elementaroperation, die darauf folgte,
erleidet der Staat noch heut einen unüberwindlichen Schaden. Die
Meereswinde wehen über die kahl gelegenen Hügel; das frische Haff ist
zur Hälfte versandet; das weithin über die Wasserfläche wuchernde
Schilf droht einen ungeheuren Sumpf zu bilden; die Wasserstraße
zwischen dem reichen Elbing, dem Meere und Königsberg ist gefährdet,
der Fischfang auf dem Haff beeinträchtigt. Umsonst hat man alle
möglichen Anstrengungen gemacht, durch Sandhafer, Weiden, Schling¬
gewächse die Hügel wenigstens zu verweben. Der Wind spottet aller
Anstrengungen. Die Operation des Herrn von Korff brachte dem Könige
gegen 600 000 Mark; jetzt gäbe man Millionen, wenn man den Wald
zurück hätte."
10. Ganz ähnlich oder gleich sind die Verwüstungen, welche eine
andere Art der Entwaldung nach sich zieht. Ich meine das sogenannte
„Schnätzen" der Bäume, wie man es in den deutschen Alpen nennt.
Es besteht darin, daß man daselbst die Zweige der Waldbäume ebenso
*) Sommern, ein Dorf in der Rheinprovinz (Kreis Euskirchen,
Regbz. Köln) mit Bleierzgruben. — ’) Sarothamnus scoparius.— 3) Willi¬
bald Alexis, eigentlich Wilhelm Häring (1798—1871), der Verfasser einer
Anzahl von trefflichen historischen Romanen.