Full text: [Teil 5, [Schülerbd.]] ([Teil 5, [Schülerbd.]])

10 
Es ist indes nicht allein die Kohlensäure, welche der Pflanzenwelt als 
Nahrung dient. Auch viele andere Luftarten, Ammoniaks vor allen, 
gehören, dem tierischen Leben meist feindlich, hierher. Die Wälder sind 
die großen Regulatoren, die Verbesserer des Lustmeeres in jeder 
Beziehung. 
12. Freilich ahnen wir gemeinhin wenig von der Bedeutung dieses 
Wechselverhältnisses; allein die Thatsachen der Natur sprechen lauter als 
das Gesetz selbst. Keine Gegend der Erde bestätigt dies sprechender als 
jene Italiens, welche einst die reich bebaute Heimat der Volsker, jetzt 
jene berüchtigten Moräste bildet, die man als die pontinischen Sümpft 
zu bezeichnen Pflegt. Wo einst reiches Leben herrschte, droht unheimlich 
der Tod, die frische Lebensfackel zu verlöschen. Sein Gehilfe ist jene 
berüchtigte Malaria2), eine Erscheinung, deren Wesen man vorzugsweise 
den Ausdünstungen jener Moräste, der ewigen Verwesung reichlich auf¬ 
gehäufter tierischer Stoffe in beit stehenden Sümpfen zuschreibt. Laugsani 
und sicher schreitet sie über die wenigen Bewohner dahin, welche nur die 
eiserne Not in diese Heimat führen konnte. Kalte Fieber, Leber- und 
Milzleiden sind ihr Gefolge. Bleiche, gelbe Gesichter mit eingefallenen 
Zügen, matten Augen, geschwollenem Unterleib und schleppendem Gange, 
das sind die furchtbaren Geschenke, welche sie dem dürftigen Bewohner 
dieser Heimat zuerteilt. Hinter ihr lauert ein bösartiges Fieber, welches 
die meisten vor der Zeit dahinrafft. Doch warum gab es einst selbst 
hier, in den Einöden des Todes, ein reiches, üppiges Leben? Weil es 
Wälder gab. Der Mensch hat das Gleichgewicht des Naturhaushalts 
schrecklich gestört, und schrecklich sind die Folgen geworden. Nach den 
übereinstimmenden Zeugnissen der Reisenden gibt es kein traurigeres Land 
als das, welches sich abseits der Apenninenkette von Livorno nach dem 
Kirchenstaate hinzieht. Diese Apenninen sind gegenwärtig fast ganz von 
Wald entblößt. Die Berge sind unfruchtbar, die besten Thäler von den 
Strömen überflutet oder bedroht. Kein Wunder, daß selbst die Umgebung 
Roms heutzutage fo verpestet ist, daß, wer es vermag, das Weichbild 
der „ewigen Stadt" zur Zeit der Sommerfchwüle meidet und höher 
gelegenen Orten zueilt. Noch im Anfange des 18. Jahrhunderts war 
das anders. Zu dieser Zeit befand sich um Velletri, südlich von Rom, 
ein stattlicher Pinieuwaldft, der die Sumpfluft zum großen Teil aufhielt. 
Als jedoch Papst Benedikt XIV. ft diesen Wald umhauen ließ, zeigten 
sich schon in den nächsten Zeiten die verderblichen Fieber in _ weit 
größerem Umfange als je zuvor, und als auch einige seiner Nachfolger 
ähnliche Mißgriffe begingen, da folgte, die Malaria den niedergeschlagenen 
Wäldern auf dem Fuße nach. Ähnliche Verhältnisse zeigen auch zum 
Schrecken der Bewohner die Lagunen von Venedig und Comacchio, die 
0 Ammoniak, eine Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff, 
ein farbloses Gas von stechendem Geruch. — 2) Malaria, wörtl. schlechte 
Luft, die manchen sumpfigen Gegenden eigene krankmachende Einwirkung auf 
lebende Organismen. — U Die Pinie, der welsche Zirbelbaum, eine Art 
Kiefer. — ft Benedikt XIV.. geb. 1675, gest. 1758, bestieg 1740 den päpst¬ 
lichen Stuhl.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.