vor. „Der Frankenkönig hat mir erlaubt," sprach er, „überall in seinem
Lande herumzureisen und die Göttereichen niederzuhauen." Es war
ganz düster geworden; der Himmel war schwarz, und der Wind
rauschte in den Blättern der Eiche. Jetzt zuckte ein Blitz, und der
Donner krachte und verhallte knatternd in einzelnen Schlägen über
den Wäldern. „Laßt den Fremden tun, was er will," sprach die
Waldfrau und warf einen Blick empor zur schwarzen Wolkenwand;
„unser Donnergott ist stärker als sein Gott, er wird den heiligen
Baum schützen und den Fremden beim ersten Streich niederschmet¬
tern. Hört ihr seinen Donner?"
Jetzt nahmen Winfried und ein Mönch die Beile und stellten
sich unter den Baum. Winfried holte mit der Axt aus und tat den
ersten Hieb gegen den riesigen Stamm; das Holz krachte, und die
Splitter flogen. Die Heiden schauten bald auf den Baum, bald nach
dem Himmel. „Donnergott, schau herab, wie der fremde Mann frevelt
an deinem heiligen Baume!" sprach die Waldfrau, und die Tränen
standen ihr in den Augen. Wie im Takte fielen von links und rechts
die Hiebe; dann kreischte die Säge und fraß sich mit den Zähnen
immer tiefer ins Holz, bis die mächtige Krone sich nach der Seite
neigte. „Tretet weg!" rief Winfried und ging zur Seite. Ein Sturm
kam; zuerst bewegte er drüben auf den Bergen die Waldwipfel;
dann wirbelte er unten im Tale den Staub auf; jetzt kam er heran¬
gebraust, packte die Eiche und schüttelte sie. Der dicke, innen hohle
Stamm krachte, schwankte nach der Seite und barst im Fallen in
vier große Stücke auseinander. Dumpf schlug der Riese am Boden
auf und bedeckte mit seinen Zweigen weithin den Platz. Da froh¬
lockten die Christen: „Unser Gott ist stärker als euer Donnergott!" Große
Tropfen fielen nieder, und im strömenden Regen kehrten alle heim.
Am andern Tage stieg Winfried mit seinen Mönchen und den
Christen des Dorfes wieder den Berg hinauf. Aus dem Holze des
Baumes zimmerten sie Balken und bauten ein hölzernes Kirchlein.
An den Abenden schritt Winfried im Dorfe von Haus zu Haus, be¬
suchte die kranken Christen und Heiden und erzählte halbe Nächte
lang von Jesus. An der Stelle, wo die Quelle ins Kirchlein strömte,
grub er das Taufbecken; er stellte das Bild des heiligen Petrus auf
den Altar und hängte ein Glöcklein in den niedrigen Turm. An
einem Sonntage schallte eine neue, bisher unbekannte Stimme hinab
ins Tal. In langem Zuge stiegen die Leute des Dorfes hinauf zum
Kirchlein, wo die Glocke läutete; alle waren in Festtagskleidung,
und die Männer legten friedlich vor der Türe die Waffen nieder.
Vorne am Altare stand Winfried in seidenen Gewändern, die hohe
Bischofsmütze auf dem Haupte und den gekrümmten Stab in der